1. Artemis

    Artemis Göttin der Jagd

    Da es bei den Modellschularbeiten in Mathematik eine wahre Fünferflut gehagelt hat, überlege ich gerade, wie ich das für mich in einen Kontext fasse.

    Einerseits leuchten mir Aussagen ein wie "man kann nicht das Niveau an die Schüler anpassen", andererseits beißt die jetzige Achte in den sauren Apfel der ganzen Sache, denn dass sie nicht anders vorbereitet wurden, liegt ja nicht an den Schülern. Pech, gerade dieser Stufe anzugehören, die wenig Zeit hat, sich umzustellen. Oder liegt es gar an der Zentralmatura? Ohne Beispiele schwer zu sagen.

    Kritisiert wurden die langen, unverständlichen Angaben der Textbeispiele, die sehr schwer verständlich waren, und der Umstand, dass die auf der BIFIE-Seite zu findenden Beispielen stark differierten von den tatsächlichen Aufgaben, die dann zu lösen waren. Gedanken macht man sich auch über ORG-Stufen. Warum? Ist das Niveau dort so unterschiedlich? Ich war so naiv und dachte, Matura ist Matura?

    Gestern wurde demonstriert. Wie seht ihr das?

    http://www.kleinezeitung.at/s/steie...protest_Ein-Drittel-der-Schularbeiten-negativ
     
  2. Minerva

    Minerva Head of Frustblunzn
    VIP

    Wir haben schon eine Weile Zentralabitur in verschiedenen Bundesländern und ich denke, das ist eine gute Sache, um die Abschlüsse vergleichbar zu machen.

    Das Problem sehe ich mehr bei den Schülern als bei den Aufgaben. Insgesamt greift in unserer Gesellschaft eine Konsumentenmentalität um sich, die sich gewaschen hat. Schüler wollen vorbereitet WERDEN, statt sich hinzusetzen und den Stoff zu erarbeiten.

    Die wenigsten begreifen, dass gerade Mathematik einen Routineaspekt hat: man muss Aufgabentypen und Rechenwege trainieren, damit man sie stumpf runterrechnen kann und nicht erst während der Klausur beginnt, sich den Rechenweg zusammenzustoppeln. Sag mal einem Schüler, er soll 20 Kurvendiskussionen mit Gleichungen höheren Grades runterrechnen - die verdrehen die Augen und jammern rum.

    Ich habe am Wochenende mit meiner Tochter in Polynomdivison geübt und ihr lang und breit erklärt, dass man nur dann effektiv Nullstellen raten kann, wenn die Polynomdivision flutscht. Das Üben ist ihr Ding und ich hoffe, sie hat es begriffen.

    Der Normalfall in unserer Gesellschaft ist aber neben der Konsumentenhaltung die Tatsache, dass es schick ist, in Naturwissenschaften versagt zu haben. "Ich war immer SO schlecht in Mathe/Physik/Chemie" *kicher* das hört man ständig und ist gesellschaftlich anerkannt. Wenn schon die Eltern nicht kapiert haben, wo der Mathematik-Hase lang läuft, wie sollen sie das ihren Sprösslingen weiter geben?

    Dann ist es natürlich einfacher, die Schuld im Zentralabitur zu suchen und den Lehrern, die die Kinder nicht gut vorbereiten und den Aufgaben, die total unverständlich seien und dem System überhaupt und wahrscheinlich sind eh islamistische Flüchtlinge an allem Schuld...

    In Naturwissenschaften kannst du nicht mit Geblubber vom eigenen Unvermögen ablenken, das bricht einer Menge Blendern das Genick. Mein Mitleid hält sich da in Grenzen.
     
  3. UliE

    UliE Teilnehmer/in

    meine Zweittochter ist betroffen ..... sie sagt, es herrscht Chaos pur :(

    Ständig gibt es andere Informationen, auch die Lehrer kennen sich nicht wirklich aus - das verunsichert extremst.

    Tochter (heute 18) war bis dato wirklich eine sehr gute Schülerin (1er, 2er) doch heuer kämpft auch sie extremst und ist schon froh wenn sie "positiv" ist :eek:

    Laut ihrer Aussage wird die Matura CHAOS und es werden wohl viele durchfliegen.
     
  4. Cash

    VIP

    ich habe letztens einen artikel gelesen (weiß leider nicht mehr wo oder von wem), der hinterfragt hat, wieso man eigtl nach 8 jahren gymnasium noch eine riesenprüfung dranhängen muss - so als letzter stolperstein.

    finde den aspekt eigtl ganz interessant. und wäre mein kind jetzt von diesem fiasko betroffen, ich wär als elter total sauer: da unterstützt man sein kind jahrelang, erlebt mit, wie es gut arbeitet und/oder vielleicht auch kämpft, und am ende muss man sich fürchten, dass man die matura nicht in der tasche hat.

    ich erlebe es eigtl gar nicht so, dass die kinder nur konsumieren wollen. mein sohn ist in der zweiten ahs und ich bin eher überrascht, was sich lehrer schon von 11/12jährigen an selbständiger stofferarbeitung erwarten.
     
  5. Artemis

    Artemis Göttin der Jagd

    Da gebe ich dir in allen Punkten vollumfänglich Recht, Minerva.

    Eines der Probleme scheint aber zu sein, dass es jetzt eine Stufe gibt, die zwölf Jahre lang offensichtlich so "gelassen" wurde, der offensichtlich das Gefühl, es ist ok so, wie sie lernen, nie in Frage gestellt wurde. Und dieser Stufe wird jetzt offenbart "Die neue Matura ist viel schwerer, und "morgen" müsst ihr es können". Was mit denen machen?

    Ich denke schon, dass in all den künftigen Jahrgängen viel früher begonnen wird, sich auf das neue System einzustellen. Aber was ist da jetzt neu, was wurde verabsäumt, warum ist das Niveau so niedrig? Das sind für mich auch Fragen. Und wie bringt man die heurigen dazu, das genau "jetzt" so zu machen?

    Wäre es nicht auch ein Weg gewesen, meinetwegen zu sagen "Der Jahrgang, der heuer mit der Oberstufe beginnt, wird die Zentralmatura machen"? Oder ist das eh schon viel länger bekannt, und wenn ja, warum regt sich dann jeder auf? Wenn nein, was wurde getan, um denen klar zu machen, worauf es ankommt?
     
  6. Artemis

    Artemis Göttin der Jagd

    Da wird von der Volksschule weg aber schon hie und da viel verabsäumt. Ich finde es oft erstaunlich, wie wenig da auf Selbständigkeit geachtet wird. Von Klasse 1 bis 4 wird penibel - zuerst vom Lehrer, dann vom Schüler - in ein HÜ-Heft notiert, was genau getan werden muss, und wie. Nicht, dass man sich etwa (wie bei uns zB der Fall) die zu machenden Beispiele ankreuzt, oder merkt, gar selber als Schüler, und dem Kind zugemutet wird, sich zu merken, wie es die Aufgabe absolvieren soll. Weiß es das nicht mehr, muss es halt besser aufpassen.

    Da wird nie erwartet, sich ein Thema aufzuarbeiten, und wenn man Glück hat, zwei Referate im VS Leben.

    Und plötzlich sollen sie es komplett anders machen, vier Jahre lang darauf trainiert, das Hirn auszuschalten, und nur zu tun, was da geschrieben steht.

    So kann es nicht gehen, finde ich. Und das muss mit sechs Jahren in der ersten Klasse anfangen. Ein Punkt, der mir sehr wichtig ist, und den unsere Schule imho zum Glück perfekt erfüllt.
     
  7. Obsidian

    Obsidian Pazifist a.D.
    VIP

    Die Zentralmatura ist ein Projekt, das schon seit vielen Jahren läuft und wo auch kein Lehrer sagen kann, dass es ihn überrascht. Ich habe jetzt gegoogelt und zwei interessante links gefunden. Die ersten Schüler machten laut Presseartikel den Schulversuch Zentralmatura bereits 2009 und damals war der Fahrplan bis heute schon klar.
    Siehe hier:
    Ein Drittel aller Maturanten unter Lehrplanniveau « DiePresse.com

    Auch dein oben beschriebenes Problem wurde schon von einem Prof. Mag. Dr. Josef Pasteiner auch 2009 prophezeit:
    So schreibt Erich Witzmann am 27.6. in der Presse: "Die gängige Klassifizierung in leichte, mittelschwere und schwere Gymnasien sollte damit bald der Vergangenheit angehören". Dies ist jedoch des Pudels Kern: Wird das Niveau der schriftlichen Zentralmatura "schwer", kann die Folge nur eine österreichweite Fünferwelle sein. Macht man es "leicht", damit möglichst wenige durchfallen, wird das Gesamtniveau nicht gehoben, sondern weiter nivelliert werden. Für die teilentmündigten Professoren der schriftlichen Maturafächer wird der Berufsstress mit der ständigen Angst im Nacken, die geforderten Standards nicht zu erreichen, weiter zunehmen. Die Frage, worauf man die Unterrichtsschwerpunkte in der durch Gehrer verkürzten Unterrichtszeit setzen soll, um bei der Zentralmatura zu brillieren, wird so zum alljährlichen Lotteriespiel der AHS- und BHS- Professoren.
    http://www.flv.at/Fm093/p08.htm
     
    Obsidian, 18. Dezember 2014
    , Zuletzt von einem Moderator bearbeitet: 25. Dezember 2018
    Artemis und famousf1ve gefällt das. 2 Likes
    #7
  8. Ich sehe es als Aufgabe der Schule (bzw der LehrerInnen) ihre Kinder gut auf die Pruefung vorzubereiten.
    Ein gewisses Niveau wuerde ich mir von der Pruefung aber schon erwarten, sonst kann man es auch gleich lassen.

    PS:
    Dass die Zentralmatura kommt, haben die LehrerInnen dieser Maturaklasse mindestens schon seit der 5. Klasse gewusst.
     
  9. Artemis

    Artemis Göttin der Jagd

    Und das war also alles seit 2009 bekannt. Ich finde es gerade unfassbar. :eek:
     
  10. Hasenfratz

    Hasenfratz Teilnehmer/in

    Meine Tochter ist (dzt. 8 AHS) auch betroffen.

    Nach anfänglichen Chaos in der 7. Klasse hat sich nun alles sehr beruhigt.

    Die Schule meiner Tochter hat bereits Anfang der 7. Klasse alle Schularbeiten umgestellt, wobei sich herausgestellt hat, dass es bei sehr vielen Schülern an den Grundkompetenzen krankt. Die erste Mathe-SA in der 7. war gleich einmal mit Nachschularbeit.

    Mittlerweile muss ich sagen, dass gerade meinem Kind (in Mathe immer ein Wackelkandidat) die "neue" Art der SA sehr entgegenkommt. Auf die erste MA-SA im heurigen Jahr hat sie doch glatt ein "Gut" geschrieben...

    Der Prof ist aber auch sehr engagiert, gibt nach dem regulären Unterricht allen, die möchten, "Nachhilfe" , läßt im Unterricht Bifie-SAs rechnen, usw...

    Bei uns herrscht eher die Meinung, dass bei der heurigen Zentralmatura einfach "alle" bestehen werden, weil sich bifie und Unterrichtsministerium ein Scheitern nicht leisten können werden.
     
  11. Tuerkis

    Tuerkis Gast

    Ich seh es wie Minerva. Aber ich denke auch, dass es Aufgabe der Lehrer ist die Schüler darauf vorzubereiten und ein gewisses Arbeitsverhalten - schon in der Unterstufe - einzufordern.

    Gerade Mathematik halte ich aber für Eltern zum Beispiel total schwierig. Zum einen habe ich keinen Tau davon, zum anderen möchte ich ungern MEIN Mathematiktrauma an mein Kind weiter geben.
     
  12. Ich hatte mal Mathematikbeispiele von der Zentralmatura in der Hand und konnte sie auf Anhieb lösen.
    Meine alte Matura könnte ich vermutlich nimmer in der vorgeschriebenen Zeit. ;)
    Mir kommt alles eher einfacher vor.
     
  13. BLS

    BLS
    VIP

    Vielleicht verstehe ich dich jetzt falsch, aber gerade bei unserer neuen Mathe-Zentralmatura kommt es nicht auf das stur runterrechnen an sondern, dass man es wirklich versteht, da man dieses grundsätzliche Verständnis im 1. Teil beweisen muss.
     
  14. BLS

    BLS
    VIP

    Was Cash wahrscheinlich gemeint hat (bitte berichtigen, wenn ich falsch liege) ist die Art des Matheunterrichts, den ich selbst bei meinem Sohn gerade erlebe (ebenfalls 2. Kl. Gym). Der Stoff wird mit einer Geschwindigkeit durchgezogen, der sagenhaft ist. Jede Stunde das nächste Teilkapitel, die Kinder müssen sich eigentlich den Stoff selbst erarbeiten (überspitzt formuliert könnte man die Mathe-Prof einsparen und es die Kinder selbst zuhause lernen lassen). Ich verstehe aber die Mathe-Prof schon auch, es ist wahnsinnig viel Stoff (wäre vielleicht an der Zeit, da auch mal was zu streichen).
     
  15. Cash

    VIP

    genau so ist es. ich frag mich manchmal, warum ein lehrer in der klasse steht.
    wobei bei meinem sohn gar nicht unbedingt mathe das problem ist (viel schnell aufeinanderfolgender stoff, ja, aber zumindest wird ab ca. einer woche vor der sa der stoff noch mal wiederholt und übungsbeispiele gerechnet.)
    deutsch z.b.: so gut wie nie hausübungen, vor der letzten sa gab es einen korrigierten aufsatz. geschichte: das ganze heft eine diktierte und von den schülern selbst aus dem buch zusammengefasste textwurst, aus der dann für einen test zu lernen ist, bei dem ganz genau nach details gefragt wird.
    englisch: wenig hausübung, kein üben von aufsatzschreiben (wird aber bei der sa verlangt).

    ich finde einfach, es wird teilweise viel zu wenig geübt (hausübungen!) und es gibt wenig hilfreiches feedback für die schüler. hängt aber natürlich immer vom lehrer ab. und im grunde hängt der erfolg der kinder dann oft davon ab, wie viel zeit (und nerven) die eltern investieren.
     
  16. bluegrass

    bluegrass Teilnehmer/in

    Das sehe ich aber einen Widerspruch.
    Wenn es Aufgabe der Schule ist, was ich auch unterschreibe, ist es nicht Aufgabe der Eltern.
     
  17. bluegrass

    bluegrass Teilnehmer/in

    Ich würde sagen, daß hier der österreichische Verdrängungsmechanismus in Gang geraten ist.
    "Des traun sa se nie.Bis des WIRKLICH kummt, san die Kinder scho in Pension, etc."
    Und dann trauen sich die Gfraster auf einmal, und alle sind überrascht.
     
  18. Tuerkis

    Tuerkis Gast


    Ich hab mich aber auch blöd ausgedrückt. :D

    Ich meinte damit, dass Eltern die Arbeitshaltung der Kinder auch fördern müssen - und die Haltung zu Unterrichtsfächern. Wenn die Eltern ständig davon reden wie blöd Mathematik ist und wie sie das auch gehasst haben, dann wird das Kind (und vor allem der Teenager) keine Veranlassung sehen sich über Gebühr anzustrengen.
     
  19. A-Beautiful-Day

    A-Beautiful-Day Teilnehmer/in

    Mal anderer Denkansatz: Könnte es nicht sein, dass in der Maturaklasse bzw. schon ein Jahr zuvor einfach alle schon extrem nervös sind, vor allem wenn es eine Systemänderung gibt.

    Habe bis jetzt nur eigene Erfahrungen mit der Matura aber ich habe vor ca. 20 Jahren auch an einem neuartigen Maturaprojekt teilgenommen.

    Was war: Wir waren 4 Jahre lange eine überdurchschnittlich gute Klasse (BHS) und in der 5. passierte es.
    Als wir alles zu wiederholen begannen, erkannten wir (und vor allem auch die sehr nervösen Lehrer), was wir alles nicht mehr konnten. Vor allem BASISWISSEN. In einer Sprache gabs einen Lehrerwechsel und puh, leider war deren Niveau viel höher.

    Was ich sagen will, die Anspannung war enorm, da man als erster einer neuen Sache viel mehr im Fokus steht. Und ich glaube, die Lehrer noch viel mehr als die Schüler.
    Denn wer bekommt denn die Schelte?
    Schlechte Maturazeugnisse sehe ich übrigens (vor allem wenn man studiert) als kein Karrierehindernis.
     
  20. BLS

    BLS
    VIP

    In Englisch und Mathe ist es bei uns ebenso. Am meisten ärgert mich Englisch, nie Texte als HÜ, aber bei der Schularbeit ist ein Text zu verfassen
    In Mathe wird auch vor der Schularbeit in der Schule geübt, aber da sollten sie den Stoff eigentlich schon kapiert haben. Da der Stoff aber beim ersten Durchlauf nur kurz und schnell abgehandelt wird, habe ich oft das Gefühl vor der Schularbeit muss der Stoff tlw. ganz neu erarbeitet werden (weil schon wieder vergessen und nicht gefestigt).

    In Deutsch allerdings nicht, die Prof ist wirklich gut - sehr viele HÜ und Übungsaufsätze (die auch korrigiert werden!) - Großes Lob, da sieht man wie es eigentlich sein sollte.
     

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