1. Aurore

    Aurore Teilnehmer/in

    Vielleicht können mir hier erwachsene Aspis bzw andere Eltern Denkanstöße geben, um meinen Sohn besser zu verstehen. Er lehnt von klein an sämtliche Therapien oder andere Hilfestellungen ab. Viele Therapien brach er selber ab, indem er verweigerte, oder jetzt mit 11 der Therapeutin sagte, dass er das nicht brauche und dass eher ich - seine Mutter - Therapie brauche... Dabei schicken wir ihn da ja nicht hin, weil wir es so lustig finden, sondern weil er vor allem in der Schule immer wieder sehr große Probleme hat.
    Im Gymnasium brachen viele alter Verhaltensmuster aus dem Kindergarten leider wieder auf, die wir in der Volksschule überwunden glaubten (gleich zuschlagen, heftige Wutausbrüche,...:( )und nach vielen E-Mails, Telefonaten etc. hat er jetzt endlich eine Mentorin für die Schule bekommen. Sie soll ihn und seine Lehrer/innen unterstützen, damit er in schwierigen sozialen Situationen besser zurechtkommt und auch seine Reaktionen und sein Verhalten für die Lehrer/innen übersetzen, damit sie besser auf ihn eingehen können (einige machen das eh von selber toll, andere fühlen sich leider durch ihn provoziert) Heute war sie das erste Mal dort. Er regte sich bei mir total auf, er habe das nicht gewollt, er brauche das nicht und er tue alles, um diese Person zu ignorieren:confused::(
    Seine Lehrer/innen erwarten sich viel von der Mentorin, doch wenn er so ablehnend ist, macht es die Situation eher schlimmer. Ich weiß echt nicht mehr, was ich tun soll. Ich trau mich schon nicht der Schule zu sagen, dass er die Therapie abgebrochen hat, denn die war immer das Argument, wenn wieder Feuer am Dach war (einmal Stand eine Verwarnung durch den Direktor im Raum).
     
  2. Dinimama

    VIP

    tut mir ehrlich leid, dass es bei euch so schwierig ist!

    hilfe annehmen setzt einsicht voraus, einsicht darin, dass man ein problem hat, und einsicht, dass dieses problem lösbar oder zumindest erleichterbar ist.
    jugendliche aspies sind aber leider in vielen fällen recht einsichtsresistent.
    irgendwie ist ihnen offenbar nicht klar, dass auch sie selbst und nicht die anderen sich ändern sollen bzw müssen.
    von dieser warte aus ist es also nur konsequent, dass sie keine hilfe möchten.

    k. hatte ja in der ersten stundenweise eine assistentin, die er auch als störend empfunden hat. so ablehnend war er glaube ich nicht, aber er hat doch jeden tag gefragt, wann "diese frau" endlich nicht mehr käme.
    die mentorin in der vs hat er glaube ich nicht so wahrgenommen, die war eher für das gesamtgefüge bzw zur unterstützung der lehrerinnen da, dh das hat er weniger auf sich bezogen.

    glaubst du, dass es sich aufschaukeln wird, oder kann es sein, dass er sich dran gewöhnt?

    wie stehen die lehrer und lehrerinnen zu ihr, können wenigstens diese die hilfe annehmen bzw erachten sie als sinnvoll?

    ich wünsche euch sehr, dass noch irgendetwas sinnvolles dabei herausschaut, das, was du schreibst, klingt enorm belastend?
     
  3. Liselotte

    Liselotte Gast

    Wie würde er denn die Probleme lösen die es offensichtlich im Alltag gibt? Was sagt er denn dazu, dass er wieder in alte nichtfunktionierende Verhaltensmuster verfällt?
    Was sagt er denn, was helfen würde? Den anderen natürlich ;)

    Wie auch immer ich würde versuchen ihn soweit wie möglich in die Lösungsfindung einzubeziehen.
     
  4. alibi

    alibi Gast

    ich selbst tu mir leider auch sehr sehr schwer beim annehmen von hilfe, weil ich es immer als versagen und schwäche von mir sehe (allerdings nur auf mich bezogen) und hilfe für mich meistens unendlich anstrengend und ein verstellen und verleugnen von mir ist. :rolleyes:

    mit 11 hat er schon einiges an erfahrungen durch.
    wie fühlt ER sich, wenn er hinhaut?
    warum haut er?

    Kann er das verbalisieren, sodass man es dann umlenken kann?
     
  5. Aurore

    Aurore Teilnehmer/in

    Ich glaube, zwischen dem was er sagt und dem was er wirklich denkt/ fühlt ist ein ziemlicher Unterschied. Daher zu ich mir sehr schwer, zu interpretieren, was in ihm vorgeht.
    Er sagt, dass er alles im Griff hat. Ja, letztes Jahr gab es Probleme, aber jetzt nicht. Es läuft aktuell wirklich sehr gut, aber das er letztes Jahr zu Schulbeginn auch so und auchvdie Jahre zuvor schaffte er es jeweils, im Heebst mit guten Vorsätzen zu starten...
    Neulich erfuhr ich, dass er wieder seinen Freund geboxt habe, woraufhin der ein paar Tage auf ihn sauer war. Wenn ich ihn darauf anspreche, meint er nur, das sei Spaß unter Kumpels - für den anderen war es aber kein Spaß. Oder er sagt, dass er ausgezuckt sei, aber das sei das letzte Mal gewesen. Oder er sagt, dass ihn die anderen immer hauen und nie würde ein Lehrer was sehen, und wenn er was sagt, würden die anderen verleugnen... Genau da könnte ja eine Mentorin helfen, aber momentan kann ich nicht mal mit ihm darüber reden, weil er dann schreit und seine Zimmertüre zuknallt...
    Ich bin frustriert. Mit viel Energiesufwwnd und Glück fand ich letztes Jahr für ihn einen Platz in einer Sozialkompetenz Gruppe. Alle fanden, dass er das braucht, wir machten uns große Hoffnungen, aber er verweigerte. Die Psychologin meinte, so habe es keinen Sinn und bot an, ihn in Einzeltherapie soweit zu bringen, dass er sich in die Gruppe integrieren könne. Aber auch da verweigerte er bald :(. Es tut mir so weh zu sehen, wie schwer er sich tut. Neulich brachte er ein Selbstporträt nach Hause, bei dem er unter "Besondere Kennzeichen " schrieb: fett, hässlich, dumm :( Das würden ja schließlich alle in der Klasse sagen.
    Durch seine Art fühlen sich viele provoziert, aber er will sich ja nicht helfen lassen, indem ich, eine Therapeutin oder wer auch immer mit ihm Handlungsalternativen bespricht...
     
  6. Liselotte

    Liselotte Gast

    Ich könnte mir vorstellen, dass er das Gefühl hat, dass ständig an ihm "rumgebastelt" wird. Da finde ich es ziemlich schwierig ein positives Selbstbild zu entwickeln. Zusammen mit dem Autonomiebestreben der frühen Pubertät halt wirklich beschissen. Anders sein ist in dem Alter einfach echt schwierig. vielleicht wäre das ein Punkt an dem eine Therapie ansetzen könnte? Wie er damit klarkommt anders zu sein. Jenseits von Verhaltenstherapien bzw. zusätzlich?

    Was würde er sich denn wünschen? Alle Therapien und sonstiges sofort stoppen? Ist es das was er will?
     
  7. alibi

    alibi Gast

    ich habe mit 13 jahren meine therapeutin über 1 jahr lang angeschwiegen um meine mutter, meine lehrer, meinem hausarzt, die mir diese hilfe aufgezwungen haben zu bestrafen.

    ich hab nicht mitgespielt bei ihrem spiel, mich zu verändern.
    ich hab sie gehasst dafür, mir ständig zu sagen was ich nicht alles falsch mache und wie ich hätte reagieren müssen...und ich hab mich gehasst dafür...
    nicht normal zu sein.
    Nicht akzeptiert zu werden wie ich bin.

    irgendwann hab ich aber dann doch angefangen zu reden.
    und hab den ganzen frust auf meine mama, meine lehrer und schulkollegen rausgelassen.
    und sie konnte mir helfen mit dem frust umzugehen und hat mir gesagt wie ich in situationen reagieren muss,oder warum mein gegenüber so reagiert wie es reagiert... ohne das ich es gemerkt hab.
     
  8. Minerva

    Minerva Head of Frustblunzn
    VIP

    Mein Sohn hat keinen Autismus, aber er war chronisch krank und dadurch körperlich eingeschränkt.

    Für ihn war es von klein auf der blanke Horror, dass er anders war als die anderen Kinder und dass er gleichaltrigen Jungs körperlich unterlegen war. Hinzu kam erschwerend, dass er den gleichaltrigen Kindern geistig überlegen war. Er hätte sonstwas drum gegeben, ganz normal zu sein oder eben das, was er als "normal" angesehen hat.

    Als Teenager hatte er lebensbedrohliche Atemnotzustände und es war wirklich wichtig, dass Umfeld darüber bescheid wusste, um ihm im Notfall einen Notarzt zu rufen und seine Medikamente zu verabreichen. Das war ihm so unangenehm, dass er sich lieber eine Hand abgehakt hätte, als dass seine Klasse etwas davon erfahren sollte. Bloß nicht anders sein, bloß nicht schwächeln.

    Zu deiner Situation habe ich noch einen Punkt: hat dein Sohn eigentlich ausschließlich weibliche Therapeuten? Auch die Mentorin ist eine Frau, er hat eine Lehrerin? Würde er vielleicht von Männern mehr annehmen? Mein Sohn war damals lieber bei männlichen Ärzten in Behandlung und hat weibliche Therapeuten nicht gern an sich herangelassen oder nur dann, wenn sie ihm zufällig sympathisch waren.

    Die Mentorin hat dein Sohn, so liest es sich zumindest, ungefragt vor die Nase gesetzt bekommen. Empfindet er das vielleicht als extrem übergriffigen Eingriff in seine Privatsphäre? Fühlt er sich seiner Klasse gegenüber durch diese Person als Außenseiter gebrandmarkt?
     
  9. eva-7

    eva-7 Teilnehmer/in

    hier haben wir die gleichen Herausforderungen.
    X (10) hat mit gesagt, "wenn ich etwas nicht weiß oder nicht kann, möchte ich es so schnell wie möglich vergessen". Außerdem will er, dass die anderen verstehen (= fühlen) was er fühlt. Wenn ihm also Schmerz zugefügt wird, will er anderen auch Schmerz zufügen. Ich vergleiche das immer mit einem sehr kleinen Kind - Aug um Aug, Zahn um Zahn heißt es in der Bibel - so ungefähr. Hier ist mein Versuch, ihn zu fragen, wie es ihm ginge, wenn das mir jemand antuen würde.... so weit zum aggressiven Verhalten.

    Dazu kommt, dass er natürlich wie die anderen Buben herumrangeln will - er wird aber immer gestoppt und bestraft dafür. Und ja, oft verstehen die anderen es nicht als Spass, hier kann helfen, ein Zeichen zu finden. Beispielsweise einen Polster hinzulegen (wenn der grad da ist) oder anderes, damit der Bub sieht, es ist für den anderen nicht lustig. Worte reichen hier nicht.

    Zum Hilfe-Annehmen: auch hier: keine Chance. Er hat in seinem Verhaltensvertrag sogar einen Punkt "Um Hilfe fragen" und er tut es kaum bis nicht. Ich glaub er erkennt einerseits nicht, dass er in der Situation Hilfe bräuchte. Und dazu kommt sicher, dass es mega peinlich ist, dauernd um Hilfe zu fragen, weil entwicklungspsychologisch wären seine Aufgaben ja schon andere? Bin ich aber unsicher.

    X lehnt ebenfalls PT ab (du erkennst die Ironie darin bei meinem Beruf?) und die SoKo war ein Drama, aber ein bewältigbares.

    Ich wünsch Euch von Herzen alles Gute und vielleicht können wir uns hier weiter austauschen, ich selber empfände das sehr hilfreich.
    Eva
     
  10. Hexi68

    Hexi68 3-fach Bubenmama

    Hallo!

    Ich selbst habe kein Kind mit Asperger, allerdings arbeitet mein Sohn als Sonderhortpädagoge mit Kids dieser Altersgruppe und erzählt mir ständig von seiner Arbeit.
    An der erwähnten Frau - Mann Problematik könnte einiges dran sein, Sohn ist im Sonderhort von allen Pädagogen der einzige Mann, speziell bei den Burschen gibt es doch einige, bei denen (vor allem in gewissen Situationen) er als Mann kommen muss, weil sonst gar nix geht!
     
  11. shamane

    shamane frosch-mami
    VIP

    das ist aber ein scheiß! :eek:

    das problem mit hilfe annehmen ist ja allgemein ein problem und bei aspergern noch mal ein spezielles. leider gottes hat er mit seiner verweigerungshaltung bis jetzt sehr viele erfolge gefeiert. und so lang sich niemand findet, der die ausdauer hat, das auszusitzen, wird er leider nicht "zur vernunft" kommen und du wirst weiter für und mit ihm leiden.

    ich grübel schon seit gestern abend, ob mir was hilfreiches für dich einfällt. wie man ihm das als störend erlebende doch als was sinnvolles für ihn schmackhaft machen könnte. ohne kooperation funktioniert es halt auch für autisten nicht.

    fühl dich von mir :hug::hug::hug:
     
  12. mai73

    mai73 Gast

    Mein Aspie Enkel liebte das Heilpädagogische Voltigieren und liebt sein Pferd bis heute.
    Er ist auch 11, sehr groß und mitten in der Pubertät.
    Ich glaube, es tut ihm gut, daß das Pferd sein Freund ist und eine Stunde nur für ihn da.
    Vielleicht wäre das auch eine Möglichkeit für deinen Sohn?
     
  13. Aurore

    Aurore Teilnehmer/in

    Danke für eure Antworten! Ich fühle mich sehr verstanden! Es war in jeder Antwort was dabei, wo ich dachte: "Ja so ist es bei uns!"
    Ja, das Gefühl hat er sicher. Er sieht nicht ein, dass er sich ändern soll und alle anderen nicht. Ich hab immer versucht, ihm zu vermitteln, dass er OK ist, wie er ist und dass die Konflikte nicht nur an ihm liegen. Im Gegenteil, wenn er gemobbt und beleidigt wird, tragen die Lehrerinnen eine hohe Verantwortung und natürlich auch die anderen Kinder. Der einzige Punkt, an dem er aus meiner Sicht tatsächlich sehr an sich selbst arbeiten muss, ist, dass er seine Aggressionen und Ausbrüche in den Griff bekommt.
    Die Therapeutin wollte das bearbeiten, aber er geht ja nicht mehr hin:confused:
    Wie gesagt, ich versuche ihm von klein an zu vermitteln, dass wir ihn lieben, wie er ist. Er hat großartige Seiten! Aber er darf nicht zuschlagen und er sollte lernen, zu merken, wenn es ihm zu viel wird und sich dann zurückziehen. Überall in Lehrbüchern steht, dass Autisten Rückzugsorte brauchen. In der Schule bemühen sie sich, ihm das zu ermöglichen. Mit Mentorin wäre es noch leichter zu organisieren, aber er lehnt das ab. Er will nicht anders sein als die anderen und auch nicht anders behandelt werden.
    .
    genau das trifft es auf den Punkt. Er hat schon öfter beobachtet, dass sein Freund auszuckte, als ihm die Mutter das Handy wegnahm und sogar nach der Mutter trat. Das ist für ihn Beweis, dass alle anderen Jugendlichen auch so sind wie er. In der Schule sind viele immer wieder gemein zu ihm. Warum soll er sich ändern, wenn die anderen gemein sind...
    Ich verstehe seinen Standpunkt! Aber ich befürchte, dass er es ohne Hilfe nicht schafft. Letztes Jahr stand eine Verwarnung durch den Direktor im Raum, als er ein anderes Kind so sehr haute, dass es ins Krankenhaus musste:( Er bekam keine Verwarnung, weil wir glaubhaft vermittelten, dass wir für ihn Therapien zahlen und uns bemühen, das Problem in den Griff zu bekommen.
    Ja, bisher hatte er nur Frauen um sich (bis auf einen unfähigen Turnlehrer, der Mobbing geradezu fördert:mad:) Es ist ohnehin nicht leicht, Therapeuten zu finden, Männer haben wir noch nie gefunden, außer einmal einen Psychiater, aber den lehnte er genau so ab. Ich befürchte, dass die Situation seit dem letzten Jahr so richtig verfahren ist, weil uns Psychologinnen und Therapeutin empfahlen, zu versuchen, ob ihm Ritalin oder ähnliche Medikamente helfen würden. Er lehnt das aber sehr konsequent ab und glaubt jetzt, dass alle Psys (chologen, iater, otherapeuten) ihn dazu bringen wollen, "Drogen" zu nehmen. Das ist auch ein bisschen meine Schuld, weil ich versuchte, ihn zu überreden, das doch wenigstens mal auszuprobieren, mit der Angst, dass er sonst von der Schule fliegt:(:confused:
    Ganz genau so ist mein Sohn. Letztes Jahr schikanierter er fast zwei Monate lang seinen bis dahin besten und einzigen Freund, weil der ihn aus seiner Sicht schlecht behandelt hatte. Der Freund wusste gar nicht mehr, was der Auslöser war, aber mein Sohn hörte nicht auf und störte dadurch auch massiv den Schulbetrieb.:(
    Er ist sehr schlau und zur Zeit auch sehr motiviert, das alleine und ohne Hilfe zu schaffen. Bisher lief das Schuljahr auch gut. Das Problem bei der Mentorin ist ja, dass man die nicht bekommt, wenn Feuer am Dach ist, sondern dass man da monatelang darauf wartet. Jetzt gerade würde er sie nicht unbedingt brauchen, wenn es sicher trotzdem eine willkommene zusätzliche Unterstützung für die Lehrerinnen bedeutet. Ich hoffe, dass sie sich bald bei mir meldet und ich mit ihr besprechen kann, wie sie am besten helfen kann. In der Autistenhilfe hatte ich schon vor den Ferien ein langes Gespräch, bei dem es eben um diese Fragen ging und ich machte die Verantwortlichen darauf Aufmerksam, dass mein Sohn jemanden braucht, der möglichst diskret im Hintergrund bleibt. Vielleicht klappt das eh alles super, ich finde es nur sehr schade, dass ich meinen Sohn ja nicht mal fragen kann, wie sie ihn aus seiner Sicht am besten unterstützen könnte, weil da kommt nur "indem sie gar nicht kommt!"
     
  14. Liselotte

    Liselotte Gast

    Vielleicht kann man ihm vermitteln, dass die Mentorin auch für die anderen da ist. Nicht nur für ihn? Dass das eine Maßnahme ist, damit sich auch die anderen an IHN anpassen können?

    Wie steht er denn dazu? Zur Verwarnung? Kann man ihm ganz sachlich sagen, dass er bei dem nächsten Vorfall wieder eine Verwarnung riskiert und ihr da nicht Himmel und Hölle in Bewegung setzen werdet. Vielleicht ist es wichtig, dass er die Konsequenzen seines Tuns wirklich unmittelbar selber spürt (so wie er ja auch will, dass die anderen spüren was er spürt...)

    Gibt es eine erwachsene Person in eurem Umfeld die er akzeptiert und der er vertraut? Großvater, Onkel?
    Ist es vielleicht für den Vater leichter durchzudringen als für dich?
    Wenn die Kommunikation zwischen dir und ihm nicht funktioniert, kann man jemanden anderen einbeziehen? Seid ihr euch innerfamiliär einig über die Vorgehensweise oder gibt es da auch Konflikte (die er möglicherweise stellvertretend übernimmt?)

    Einen Gedanken habe ich noch, den ich jetzt mal in den Raum stelle. Ist noch unausgegoren und nicht fertiggedacht, aber vielleicht kannst du damit etwas anfangen: Möglicherweise wäre es am jetzigen Punkt wichtiger darauf zu achten, dass ihr Eltern eine gute tragfähige Beziehung zu ihm bewahrt und den schulischen Erfolg hintan stellt. Wenn er dann scheitert, seid ihr da um ihn aufzufangen. Wenn ihr die Beziehung zu ihm riskiert (weil er euch als "Feind" sieht, der ihn ständig zu etwas drängt was er nicht will) dann ist ein etwaiges Scheitern in/an der Schule noch viel schlimmer.
     
  15. Speleo14

    VIP

    Ich kenne das Problem von zwei Seiten.

    Mein Sohn, Aspie, ist da teilweise sehr ähnlich. Er hat z.B. prinzipiell immer recht. Und wenn er in einer Situation drin ist, kann er vollkommen unmöglich irgendwelche Tipps oder Hinweise annehmen, auch wenn das dringen nötig wäre. Allerdings klappt es dann manchmal hinterher oder sonst in einer ruhigen Minute. Auch scheint es mit Social Stories etwas besser zu gehen (da sind wir aber ja erst ganz am Anfang, aber es sieht nicht ganz sinnlos aus, vorsichtig ausgedrückt).
    Mir scheint, es ist für ihn einfacher, wenn es nicht "persönlich" angebracht wird, sondern eben auf gänzlich un-emotionalem, neutralem, unpersönlichem Papier.

    Mir selber ist das auch lieber (auch Aspie). Ich lern(t)e solche Dinge viel lieber aus Büchern, als dass mir das jemand erklärt. So habe ich zum Besipiel "Nein" sagen gelernt, aus einem Buch "Selbstsicher reden für Frauen". Oder was ich sagen kann, wenn jemand bei mir über etwas jammert...
    Ich bin aber im Gegensatz zu meinem Sohn eine schon fast klischeehaft-typische Aspie-Frau, also ich beobachte und ahme nach, versuche mich anzupassen, und ich hatte (habe) immer das Gefühl, dass ICH komisch/doof/... (wahlweise fortsetzen) bin. Recht habe ich allerdings auch immer :eek:. Sohn dagegen (klischeemässig männlich in dieser Hinsicht) findet eher, die anderen müssten sich IHM anpassen.

    Als ich ein Kind war, "gab" es noch keine Asperger. Ich hatte auch sonst keine Diagnose ausser Hochbegabung, da wurden meine sozialen Probleme halt darauf geschoben. Spezielle Therapie oder Unterstützung gab es nicht.
    Ich wuchs aber in einem sehr intellektuellen Elternhaus auf, wo auf (nach)denken und überlegen und analysieren sehr sehr viel Wert gelegt wurde und Intuition oder aus dem Bauch heraus handeln eher weniger wichtig waren. Also immer überlegen, was eine Handlung für Konsequenzen haben könnte für sich und andere usw. Ich denke, das kam mir extrem zugute. Meine Mutter hat mir oft irgendwelche soziale Dinge erklärt, aber es kam nie als "extra Hilfe" an mich herüber, weil in unserer Familie eben sowieso sehr viel erklärt und analysiert wurde. So war es für mich nie ein Problem, das anzunehmen, denn es geschah mehr so nebenbei. Differentialrechnung wurde mir ja auch erklärt, warum also nicht auch soziale Interaktionen. Ausserdem war ich ein Einzelkind, daher gab es auch keinen Vergleich, dass Geschwister das nicht gebraucht hätten.

    Anfangs 20, als ich grosse soziale Probelme hatte, ging ich einige Zeit zu Psychologinnen - und das hat absolut überhaupt gar nichts gebracht. Wir haben entweder aneinander vorbei geredet, oder dann habe ich relativ schnell gemerkt, was von mir erwartet wurde, wie ich reagieren sollte :eek:. Annehmen konnte ich sowieso gar nichts, das war nicht meine Sprache. Da war das oben erwähnte Buch viiiiiel hilfreicher!
    Seither habe ich eine ziemliche Aversion gegen Psychologinnen. Es gibt da eine Szene bei Harry Potter, die beschreibt das ziemlich gut... Er sitzt in einer Lektion "Wahrsagen" und soll irgendwas in der Glaskugel versuchen zu sehen, und er fragt sich, wie das gehen soll, wenn ihm die ganze Zeit durch den Kopf geht "This is stupid"... genau so ging es mir damals. Es muss LOGISCH und SACHLICH und vorzugsweise UNPERSÖNLICH sein!
    Wenn ich jemals wieder etwas in dieser Hinsicht brauchen/machen sollte, dann allerhöchstens bei einem Mann, und wahrscheinlich auch eher bei einem Psychiater, das ist irgendwie rationaler und wissenschaftlicher :eek: Ich kann aber generell besser mit Männern, die sind weniger emotional.

    Von daher könnte ich mir schon auch vorstellen, dass die ausschliesslich weibliche Unterstützung ein Problem sein könnte? Und dass es auf einer unpersönlichen (eben ev. schriftlichen) Ebene besser klappen würde?

    Auweia, das ist jetzt irgendwie sehr kompliziert geworden. Ich hoffe, man versteht, was ich meine...
     
  16. Liselotte

    Liselotte Gast

    Das entspricht absolut auch meiner Erfahrung mit erwachsenen Aspies. Was auch hilft sind Erfahrungen anderer Aspies.
    Je stärker auf der Metaebene desto besser.
     
  17. shamane

    shamane frosch-mami
    VIP

    @ aurore: ich bin jetzt etwas sprachlos.

    bei allem verständnis, dass ich für die herausforderungn hab, die menschen mit asperger bewältigen müssen, aber ein kind ins krankenhaus zu befördern ohne konsequenzen geht für mich gar nicht. das toleriere ich auch nicht bei meinem jüngsten sohn. mit 11 jahren hätte keines meiner kinder in einer solchen situation die entscheidung darüber, ob es therapie geht oder nicht. sollte es die therapie verweigern probieren, setzt das realitätsprinzip ein und egal wie sich das kind gebärdet, es gibt nix, bis das mit der therapie klappt und erfolge verbuchbar sind. sorry für die harten worte.

    ich weiß insofern wovon ich spreche, bin vergangenes jahr 2 monate mit meinem kind im zimmer gesessen, weil ich keine lust mehr hatte auf sein herumschlagen, -hauen und -beißen. ich hab ihn nur mit dem nötigsten versorgt und irgendwann hat er dann kapiert, dass eine gewisse impulskontrolle für ihn von vorteil ist. war eine harte zeit für alle, aber die alternative wär noch schlimmer gewesen.

    ich kann auc deine angst bezüglich des schulverweises verstehen und nachfühlen. meiner war vom schulunterricht befreit und suspendiert. so sehr ich davor angst hatte (und durch mein betreiben die schule auf die problematik aufmerksam zu machen, hab ich es selbst verursacht), so sehr weiß ich heute: es war die einzige möglichkeit auf veränderung.

    außer der mag. muchitsch weiß ich für wien keine besser geeignete ansprechpartnerin für diese herausforderung. dein sohn, asperger hin oder her, braucht dringend grenzen.
     
  18. Aurore

    Aurore Teilnehmer/in

    Kurz nach dem Vorfall begann die Einzeltherapie, auf die wir lange gewartet hatten, nachdem es in der Gruppe nicht geklappt hatte und die vorherige Therapeutin wegen Krankheit ausgefallen war... Damals sah er es zu einem gewissen Grad auch ein, dass er wen brauchte, wobei der Vorfall nicht so dramatisch war, wie es sich liest. Er hatte einem Mitschüler eine Tasche nachgeworfen, der hatte daraufhin Kopfschmerzen und ging ins Krankenhaus zur Kontrolle. Es war zum Glück nichts. Aber natürlich geht das trotzdem nicht!
    Bis zu den Sommerferien war er dann auch regelmäßig bei der Therapeutin und sie schaffte es auch, gut mit ihm zu arbeiten. Nach den Ferien wollte er nicht mehr. Ich hab ihn dann gegen seinen Willen hingeschleppt (nachdem ich ihm zuerst eine halbe Stunde lang in unserer Siedlung nachrannte - ist nicht das erste Mal, dass ich ihn wo hinschleppe), Er beschimpfte mich während der ganzen U-Bahn Fahrt. Dort gab ich ihn ab, in der Hoffnung, dass es schon klappt, wie es früher auch oft geklappt hat, doch nach 30 Minuten rief mich die Therapeutin an, und sagte, dass es keinen Sinn mache... Nur als Hinweis, dass ich das nicht so locker flockig durchgehen lasse, dass er keine Therapie machen will. Ich vereinbarte mit der Therapeutin, dass einstweilen nach Bedarf ich bei ihr Termine wahrnehme und er wieder kommen kann, wenn er soweit ist...
    Aus seiner Sicht braucht er es nicht mehr. Das von letzten Jahr ist vorbei. Er arbeitet tatsächlich sehr an sich, das merkt man ihm an. Er reißt sich sehr zusammen, entschuldigt sich, wenn er doch einen Ausbruch hat, zieht sich eher ins Zimmer zurück, bevor es zur Eskalation kommt... Er zeigt sehr deutlich, dass er es alleine schaffen will...

    Ich hab ihm auch schon mal Bücher zum Lesen gegeben, in der Hoffnung, dass er da für sich Brauchbares findet, aber leider hat er sie nicht gelesen. Nur ein Comic einmal von einer Asperger Autistin. Das fand er interessant, aber die darinnen beschriebenen Probleme waren ganz anders als seine (eben die eines Mädchens, das sich anpassen will...)
    Ich habe den Eindruck, dass er die Diagnose Asperger Syndrom als solche ablehnt. Das ist nicht "cool" und er will unbedingt "cool" sein.

    Mit dem Vater geht es besser als mit mir. Der ist nicht so "pädagogisch":rolleyes:. Er hat es übernommen, mit ihm für die Schule zu lernen, und das klappt zur Zeit sehr gut. Auch Regeln bezüglich Handyzeiten etc. nimmt er von ihm eher an. Der Vater stellt sehr stark das Positive in den Mittelpunkt, was ich eh auch richtig finde. Zur Zeit läuft es wirklich, wirklich gut. Ich bin eben die, die dann immer auch die Zukunft im Blick hat und die Vergangenheit. Ich habe doch schon einige Jahre Erfahrung mit meinem Sohn gemacht und kann mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass es nicht immer so gut gehen wird. Wie gesagt, jetzt bräuchte er die Mentorin nicht, aber als er sie letztes Jahr brauchte, dauerte es ein halbes Jahr, bis wir eine bekamen... Wir bzw ich haben in den letzten Jahren so viel Energie und Geld investiert, geeignete Hilfen /Therapien zu finden, aber er nimmt das einfach nicht an, das frustriert mich und macht mir für die Zukunft Sorgen.
    Das auf jeden Fall!
     
  19. Liselotte

    Liselotte Gast

    Ich versteh die Angst und die Unsicherheit. Ich verstehe, dass du der dauerhaften Veränderung zum guten nicht vertraust. Ihr habt so wie es aussieht wirklich viel gearbeitet. Alle, dein Sohn und ihr Eltern. Du möchtest die Sicherheit dass es funkt auch für die Zukunft. Ich denke, dein Sohn spürt das, die Angst und das mangelnde Vertrauen in die Zukunft und ich verstehe dass er dagegen mit aller Kraft ankämpft.
    Ich halte dir die Daumen, dass es dir/euch gelingt einen Weg zu finden der würdigt was WAR und was IST. Das klingt nämlich gut das IST, klingt ein bisserl so als könnte man drauf aufbauen :)
     
  20. shamane

    shamane frosch-mami
    VIP

    @ aurore: danke für deine ausführliche erklärung. da hat sich ja doch viel getan. was aber deine bedenken, da du deinen sohn ja doch scho a zeiterl kennst, nur bedingt ausräumt. kniffelig, kniffelig.

    mag er computer und kennt er sich damit aus? dann könntest sie ihm als sicherheits-back-up verkaufen, damit er im falle des falles nicht wieder mit psy-tante und tablettenvorschlägen gequält wird. weil die anderen halt noch nicht jenes vertrauen aufgebaut haben, dass er in sich hat. und im gegensatz zu ihm in der vergangenheit leben. die sind ja sowas von uncool.
     

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