1. Dinimama

    VIP

    so etwas gab es, soweit ich weiß, in meiner familie auch nicht, wobei vor allem die einen großeltern manchen ideen der nazis nicht ganz abgeneigt waren bzw relativiert haben, da bin ich mit dem großvater manches mal ganz schön aneinander geraten.
    das lief aber zum teil auch unter "schönreden, was alles andere als schön war, um irgendwie sein gesicht zu wahren".

    ich finde das alles sehr interessant und ich bin froh, dass ich mit meinen großmüttern so viel darüber geredet habe. von der einen haben wir sogar tonaufnahmen, der war es gegen ende ihres lebens nämlich ein großes bedürfnis, ihre sicht der dinge der nachwelt zu hinterlassen und mein mann hat sie aufgenommen, als sie berichtet hat.

    das alles zu wissen erklärt mir in manchem, weshalb sie so waren, wie sie eben waren, auch zu uns kindern, um wieder den bogen zum ursprünglichen threadthema zu schließen!
     
  2. BLS

    BLS
    VIP

    Die Geschichte mit den Tieffliegern hat meine Mutter (Jahrgang 1935) auch immer wieder erzählt. die Familie meiner Mutter ist aufgrund der Bombardierungen auf Wien aufs Land auf einen Bauernhof gezogen. Der lag in der Nähe von Steyr - also quasi vom Regen in die Traufe, da Steyr wegen der Waffenproduktion ebenfalls Luftwaffenangriffen ausgesetzt war.

    Sie hat oft erzählt, wie sie nach der Schule (hatten einen längeren Heimweg von der VS zum Bauernhof) mit ihren zwei Brüdern und den Kindern vom Bauernhof gerannt ist. Der Schulbesuch selbst wurde nie in Frage gestellt.

    Ansonsten hat sie sehr wenig vom Krieg erzählt, ihr Vater, mein Großvater war im KZ - da gab es überhaupt keine Erzählungen, das wurde in der Familie meiner Mutter nur manchmal erwähnt und ich habe nie nachgefragt.

    Allerdings lebt meine Mutter zwar noch, ist aber schwerst dement und hatte zu Beginn der Krankheit lange Zeit massivste Schizophrenie-Ausbrüche, da kam ziemlich viel hoch, dass ich auf Kriegs- und Nachkriegserlebnisse zurückführe. Dazu kam, dass die Erziehung meines Großvaters eher brutal war. Es wurde sehr viel geschlagen (ich kenne ihn auch noch als sehr cholerisch). Erziehung war damals ziemlich grausam.
     
  3. samakaste

    VIP

    nein,, eigentlich hätt ich nur wissen wollen, ob er später dann mal glücklich war und seinen weg gefunden hat :eek:
    mich berühren auch so ausschnittsweise kinderbiographien immer sehr und irgendwie ist es sehr schön, dann von einem "schönen ausgang" zu lesen.

    ich finds auch sehr berührend, was ihr hier alle über die erzählungen der älteren generation schreibt
    wie gesagt, in unserer familie wurde vieles todgeschwiegen und man wollte nicht darüber reden
    was mir auch gefehlt hat, grad als kind,wenn man auch gerne zuhört und so verbindungen zu den GE aufbaut und zu verstehen beginnt

    ich weiß nur kurze auszüge von den "guten Amis", die Kaugummi und Butter hergeschenkt haben
    der väterliche teil der familie war sicher nicht nur angstbegründet überzeugt von der nazikultur, das hat man gerade bei der oma noch oft gehört... manche aussagen waren einfach nur gänsehauterzeugend

    meine mutter hat sicher viel schlimmes erlebt, sie hat früh die mutter verloren, missbrauch war thema in der familie und es war lange ein reiner überlebenskampf. das "da ist schon lang grad drüber gwachsen" ist eine verständliche überlebensstrategie.
     
  4. Zerlina

    Zerlina come agnellina
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    Meine Eltern wurden noch sehr autoritär erzogen, mein Vater hat seine Kindheit im Krieg verbracht. Ich war ihnen immer sehr dankbar dafür, dass sie mir eine schöne, geborgene Kindheit ermöglicht haben. Meine Mutter hat sehr bewusst einiges anders gemacht, als sie es aus ihrer eigenen Kindheit kannte. Bei meinem Vater war das, denke ich, meist weniger bewusstes Programm als seine angeborene Herzensgüte. :herz3:

    Ich kann darauf aufbauen und mache, denke ich, vieles ähnlich wie sie. Hingegen habe ich eine große Bewunderung für Leute, die keine schöne Kindheit hatten und sich bemühen, nicht in die Muster ihrer Eltern zu verfallen, sondern ihren Kindern ein glücklicheres Aufwachsen zu ermöglichen. Dass das Pendel dann mitunter zu stark in die Gegenrichtung ausschlägt, ist nur natürlich.

    Heute besteht in unserer Kultur eine Tendenz, Kinder zu sehr in den familiären Fokus zu stellen, sie zu sehr zu beschützen, zu umsorgen, zu fördern, anstatt dass man ihnen auch mal was abverlangt und sie einfach IN RUHE lässt. Ich bin zB keine, die die Lehrerin zur Rede stellt, weil sie mein Augäpfelchen irgendwie schwach angeredet hat oder so. Das Augäpfelchen hält das aus, ist meine Meinung. Ich hab so ein Grundvertrauen, dass meine Kinder ihr Zeug grundsätzlich selber checken können. Sie sind jetzt mit knapp 13 und knapp zehn auch sehr selbstständig. Da besteht dann doch ein Unterschied zu meiner eigenen Kindheit, ich war ein sehr klassisches Einzelkind, Mama hat mich sehr behütet und ich war im Endeffekt sehr unselbstständig.
     
  5. Bruno

    VIP

    Schreien heisst doch nur, dass die Emotionen hochgehen. Und je "südlicher" man veranlagt ist, desto mehr schreit man. Schau nach Italien, da schreien die Leute wegen jeder Kleinigkeit. ich bin auch so eine emotionale, ich werde automatisch lauter, wenn in einer hitzigen Diskussion zb unter Freunden geredet wird, heisst das, ich respektiere die Leute nicht? Nein. Ich bin einfach so.Ich bin nicht ruhig und still und rede langsam.

    Wenn ich schreie, weil ich die Nerven schmeiße, heißt das genau nix, außer dass ich einfach der Typ bin. Und es ist auch authntischer, mal einen Brüller loszulassen (nicht ständig!), weil es einfach reicht, als mit grantigem Gesicht zu säuseln: "Kind, ich empfinde gerade großen Grant, du hast dich heute 1023 mal daneben benommen, und zwar im Fall x, y, und z, und hiermit verhänge ich die Strafe, dass du in dein Zimmer gehst!":rolleyes:
     
  6. Apfelsaft

    Apfelsaft Teilnehmer/in

    "Von Haus aus entgegenbringen" kann man von Erwachsenen, meinetwegen von Heranwachsenden erwarten, aber nicht von Kindern, die unter dem abstrakten Begriff noch gar nichts verstehen können. Genau dieses "von Haus aus" muss ich also erst einmal vorleben und bei gebotenem Anlass lehren. Dann kann ich es später einmal voraussetzen.

    Feiner Unterschied, aber wesentlich, finde ich!
     
  7. Apfelsaft

    Apfelsaft Teilnehmer/in

    Das ist mir zu wenig, ganz ehrlich! Insbesondere, wenn ich von meinem Kind erwarte, dass es sich anders verhält, als ich selbst es vorlebe.

    "Ich bin halt so" und "kann mich halt nicht beherrschen" fordert geradezu ein "na, dann lernst es halt" heraus.

    Authentisch ist vieles, aber man muss einem Kind nicht alles zumuten. Insbesondere dann, wenn es zu jung ist, um die geballte Emotion, die bei ihm abgeladen wird, einordnen zu können.

    Abgesehen davon, dass es einen Unterschied zwischen Schreien und Laut-Sein gibt.

    Aber ja, Kinder halten schon viel aus. Mussten wir als Kinder ja auch. Und so werden so manche, für Kinder vielleicht ungute Begebenheiten, zu Normalitäten, die dann wahlweise mit Temperament, Mentalität, Kultur, Charakter etc. erklärt oder entschuldigt werden.

    Man möge sich halt nicht so anstellen, ist doch üblich so, nicht wahr!?
     

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