1. LebenLiebenLachen

    LebenLiebenLachen zweites Wunder unterwegs!

    ... oder: Wie optimal ein Kaiserschnitt nach 22 Stunden Wehen sein kann, wenn er denn sein muss.

    Geburtsbericht meiner kleinen, wunderschönen, bezaubernden, zuckersüßen Pamina Susanne, *18.09.2014, 05:36, 3860 Gramm, 52 cm

    Obwohl wir im Geburtsvorbereitungskurs darauf aufmerksam gemacht wurden, dass wir keine konkreten Vorstellungen über die Geburt im Kopf haben sollten, da sowieso alles anders kommen würde, konnte ich gedankliche Bilder nicht vermeiden. Dies schloss auch Spekulationen über den Tag der Geburt mit ein. Beim letzten Ultraschalltermin (38 + 6) schlossen wir mit meinem Frauenarzt Wetten ab, wann sich unsere kleine Süße wohl auf den Weg machen würde. Aus irgendeinem Grund war ich felsenfest davon überzeugt, dass Pamina sich einige Tage nach dem errechneten Geburtstermin (21.09.14) Zeit lassen würde. Am Tag 39 + 6 war noch ein weiterer Ultraschalltermin vorgesehen. So hatte ich das sichere Gefühl, dass dieser Termin noch zustande kommen würde und tippte auf den 24.09. als Geburtstermin, mein Frauenarzt tippte auf den 25.09., Mein Mann meinte, Pamina würde knapp vor dem errechneten Termin kommen und tippte auf den 18.09.

    Und ich hatte die Vorstellung, dass die Wehen einsetzen würden, entweder untertags oder nachts, angefangen von 1-2 Wehen in der Stunde, sodass ich den Prozess bewusst mitfühlen und miterleben würde. Ich plante, in der Badewanne zu entspannen, auf dem Pezziball die Wehen zu veratmen, bis wir schließlich mit dem Auto oder mit dem Taxi ins Spital fahren würden. Sollten wir uns für das Taxi entscheiden, dann freute ich mich auch bereits darauf, den Begriff Storchenfahrt zu verwenden.

    Ich freute mich generell auf den Moment, an dem es losgehen würde und auf die Geburt selbst. Ich war gespannt und aufgeregt und sah die Geburt als ein großartiges, ultimatives Abenteuer, schließlich ist es das ganz große und ganz besondere und ganz spezielle Erlebnis im Leben einer Frau. Ein Wendepunkt, ab dem nichts mehr ist, wie es einmal war. Das Erleben des überwältigenden Wunders, dass das Baby aus dem Bauch hinaus kam. Dass ich dieses kleine Wesen, das ich seit vielen Monaten in mir spürte, plötzlich sehen und anfassen könnte. Noch kam mir dieser Gedanke aber auch regelrecht utopisch und fremdartig vor, ich sagte oftmals knapp vor der Geburt, dass ich noch nicht bereit dafür wäre, falls die Geburt nun plötzlich losgehen würde. Bis zum 16.09., als ich in einer Sms an Mein Mann plötzlich schrieb, dass es für mich mit einem Mal in Ordnung wäre, wenn die Kleine heute oder morgen käme.

    In der Nacht zum 17.09. schlief ich schlecht. Ich fühlte mich irgendwie seltsam, war gegen vier Uhr aufgewacht und konnte dann nicht mehr einschlafen. Außerdem glaubte ich, einen leichten Ausfluss zu spüren, wobei ich dieses Gefühl aus der bisherigen Schwangerschaft nicht kannte. Ich googelte am Handy nach Blasenriss und auflaufenden Fruchtwasser und las, dass man anhand von PH-Wert-Teststreifen eruieren könne, ob tatsächlich Fruchtwasser ausläuft. Dann sah ich im Internet nach, wann die Apotheke um die Ecke öffnen würde und schrieb gegen 06:30 meiner Tante, die einen Stock unter mir wohnt, eine Sms, ob sie für mich um 08:00 in die Apotheke gehen könnte, sie schrieb auch gleich zurück, dass sie sich kurz vor acht auf den Weg machen würde. Mein Mann hatte sich für die Arbeit fertig gemacht, verabschiedete sich von mir und ging hinunter zum Auto. Da der Akku meines Handys durch das nächtliche Surfen bereits fast leer war, setzte ich mich auf, um es an das Ladegerät zu hängen, und als ich mich nach dem Ladekabel streckte, passierte es. Die Fruchtblase platzte und es erschien mir, als würde sich mit einem Schwall literweise Flüssigkeit in das Bett ergießen. Ich spürte einen heftigen Adrenalinstoß vor Schreck, sah intuitiv auf mein Handy, das ich noch immer in der Hand hielt und notierte im Geiste „Blasensprung 07:14“, da für mich das Festhalten von Uhrzeiten bedeutsamer Augenblicke schon immer sehr wichtig gewesen war. Ich rief sofort meinen Mann an und sagte ihm „Komm sofort zurück, die Fruchtblase ist geplatzt“ und hörte dabei selbst, wie atemlos und panisch ich mich anhörte. Er war zu diesem Zeitpunkt fast beim Auto, drehte um und rannte in die Wohnung zurück.

    Im Geburtsvorbereitungskurs wurde uns gesagt, wir sollen im Fall eines Blasensprunges das grüne Kreuz anrufen, die uns in die gewünschte Klinik chauffieren würden. Und ich achtete darauf, flach zu liegen, da meine Kleine beim letzten Ultraschall noch nicht tief im Becken gewesen war und ich Angst vor einem Nabelschnurvorfall hatte. Ich rief das grüne Kreuz an und brachte unter heftigem Atmen hervor, dass gerade die Fruchtblase geplatzt ist und ich Wehen habe (was nicht stimmte, aber ich wollte, dass sie sich beeilten). Offenbar hörte ich mich allerdings so panisch an, als stünde ich kurz vor den Presswehen, denn mir wurde gesagt, dass erst in spätestens 10 Minuten ein Wagen losgeschickt werden könnte (was eigentlich gereicht hätte) und er es deswegen an die Berufsrettung weitergeben würde. Inzwischen war mein Mann wieder zurückgekommen und stand vor mir und dem vom Fruchtwasser überfluteten Bett, ebenso fahrig und nervös wie ich, und rief meinen Frauenarzt an, dass wir gleich unterwegs wären in die Klinik. Danach bat ich ihn, mir ein langes buntes Sommerkleid zu holen, das ich mir über den Kopf zog. Das war mein Lieblingskleid geworden, als ich hochschwanger war, und jetzt würde ich damit zur Entbindung fahren, das fand ich sehr schön. Dieses bunte, fröhliche Kleid wird für mich nun immer die Bedeutung haben, dass ich mich darin auf den Weg in die Klinik gemacht habe, als meine Tochter sich auf den Weg auf diese Welt gemacht hatte. Mein Mann trug die gepackte Tasche für den Kreißsaal und die Kliniktasche für den Aufenthalt zu mir ans Bett und legte noch ein paar Coladosen aus dem Kühlschrank zum Kreißsaalproviant dazu (Kinder Bueno, Milka Toffee Ganznuss und Pringles). Ich hatte schon vor Wochen bekannt gegeben, dass es mir ohne konkret diesem Lunchpaket einfach nicht möglich wäre, ein Kind auf die Welt zu bringen, daher hatte ich diese Sachen auch schon frühzeitig in der Kreißsaaltasche verstaut.

    Ich versuchte, das Hyperventilieren vor Aufregung einzustellen und mich im Liegen zu entspannen, allmählich stellte sich kribbelnde Freude in mir ein: mein kleines Mädchen war unterwegs! Und ich konnte außerdem nun eindeutig etwas verifizieren, was ich oftmals über die Geburt im Internet gelesen hatte: Fruchtwasser riecht tatsächlich haargenau wie Sperma.

    Die Sanitäter läuteten an der Türe und ich wurde mit einem rollenden Sessel hinunter gefahren, wobei ich mir halb liegend auf dem Sessel platzierte, schließlich war Paminas Köpfchen noch nicht tief ins Becken gerutscht und ich hatte bei dem vielen auslaufendem Fruchtwasser Angst vor einem Nabelschnurvorfall.

    Im Rettungswagen rief ich meine Tante an, die gerade für mich in die Apotheke aufbrechen wollte, und sagte ihr Bescheid. Danach rief ich meinen Schwiegervater an, um auch ihm zu sagen, dass wir unterwegs in die Klinik wären, woraufhin auch er jubelnd Unzusammenhängendes stotterte. Er rief gleich sofort noch mal bei meinem Mann an, wohl um zu realisieren, ob es wirklich wahr war, dass seine Enkeltochter heute oder spätestens morgen auf die Welt kam.

    Als wir bei der Geburtsstation in Döbling ankamen, empfing uns die Hebamme, die ich von der geburtsvorbereitenden Akupunktur kannte und führte uns in den CTG-Raum. Ich fand es in der Situation lustig, meinen Akupunkturtermin in drei Tagen abzusagen, was auch den Sanitäter amüsierte. Eine Weile lang wurde CTG geschrieben und eine Untersuchung ergab, dass Paminas Kopf ins Becken gerutscht war, ich konnte also gefahrlos aufstehen und gehen, so bezogen wir zunächst unser Familienzimmer. Da alle Zimmer der Station belegt waren, bekamen wir ein Zimmer um die Ecke, das bereits zu einer anderen Station gehörte. Dort legte ich mich auf das Sofa, das mir am leichtesten zu reinigen erschien, da ich noch immer Fruchtwasser verlor. Allmählich begann ich leichte Wehen zu spüren. Uns wurde Frühstück serviert, das wir allerdings mit in den Kreißsaal nahmen.

    Bei einer der letzten Kontrolluntersuchungen hatten wir und mein Frauenarzt festgelegt, bei 3-4cm eine PDA zu legen, bis dahin hieß es, die spürbar werdenden Wehen zu veratmen. Ich ließ mir die Badewanne einlassen und setzte mich hinein, als die Wehen bereits stärker wurden. Ich hatte nichts von dem servierten Frühstück gegessen und Mein Mann versuchte, mir zumindest eine trockene Semmel aufzudrängen. Also nahm ich einen Bissen davon, doch gleichzeitig kam eine Wehe, sodass ich das Stück Semmel nur im Mund hin und her drehen konnte, bis ich es mit der Hand herausfischte und an den Beckenrand der Badewanne legte. Das passierte ein paar Mal hintereinander, sodass ich kleine Semmelklümpchen rund um die Badewanne verteilte, die Mein Mann wieder einsammelte, schließlich wehrte ich entsetzt und ängstlich ab, wenn Mein Mann mir wieder die Semmel entgegen streckte, „bleib mir endlich mit der Semmel weg, davon bekomme ich Wehen“. Diese Szene der bedrohlichen, wehenauslösenden Semmel amüsierte mich rückblickend dann sehr.

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  2. LebenLiebenLachen

    LebenLiebenLachen zweites Wunder unterwegs!

    Ich stieg aus der Badewanne, der Muttermund wurde untersucht, die PDA konnte gelegt werden. Diese legte Frau Dr. Spinker, die Wiener Koryphäe in der Anästhesie, von der wir bereits Loblieder bei der Geburtsvorbereitung gehört hatten. Ich sprach über meine Ängste vor dem Kreuzstich, wobei Frau Dr. Spinker mir versicherte, sie würde diese jeden Tag seit Jahrzehnten legen. Doch ich hatte keinerlei Furcht davor, dass sie nicht achtsam vorgehen würde, kein bisschen, ich hatte Angst um meinen Kreislauf, dass mein Blutdruck in den Keller rasseln würde, und sagte ihr das. Dass es den Anschein gehabt hatte, ich würde stattdessen ihrer Kompetenz misstrauen, war mir hinsichtlich ihres Status als absolute Top-Anästhesistin mehr als peinlich. Ich bekam sowieso zur Sicherheit eine Infusion für den Kreislauf vor der PDA, den Kreuzstich selbst spürte ich so gut wie gar nicht, nur das kühle Rieseln der Flüssigkeit. Mein Kreislauf war und blieb stabil, mir wurde nur kurz schwindlig mit ein wenig Ohrensausen, doch das verging nach Minuten. Wenig später schon spürte ich überhaupt keinen Schmerz nur, ich nahm die Wehentätigkeit zwar wahr und bemerkte jede Wehe, aber weh taten die Wehen nicht mehr.

    Ab nun begannen viele sehr angenehme, schöne Stunden, die mir immer als wundervoll in Erinnerung bleiben werden. Die Geburt war in Gang, das CTG schrieb regelmäßige und gute Wehen mit, meinem Mäusemädchen ging es ausgezeichnet, wie ihre ständig aufgezeichneten Herztöne zeigten, pro Stunde öffnete sich der Muttermund rund einen Zentimeter. Mein Mann und ich waren entspannt und freuten uns auf unsere Kleine, wir sahen uns Austropop-Videos auf Youtube an, ich schickte einige Sms an die Familie. Ich machte mehrere Fotos vom Kreißsaal und ließ mich von Mein Mann fotografieren. Die Hebamme meldete uns zwischendurch, „Ihre Tanten sind hier“, die beiden waren spontan aufgebrochen und standen nun im Gang, um bei uns vorbeizuschauen, Mein Mann ging hinaus und kurz kamen die beiden auch zu mir herein. Ich denke, sie waren sehr überrascht, wie entspannt liegend sie mich im Kreißsaal vorfanden. Mein Mann erzählte mir, dass sich eine meiner Tanten danach mit den Worten „Ich warte hier auf die Pamina“ in den Aufenthaltsraum gesetzt hatte. Doch bis unsere kleine Süße auf der Welt war, sollte es zu diesem Zeitpunkt noch einen halben Tag dauern, gut also, dass meine Tante dann doch wieder nach Hause aufgebrochen war. Auch ein Mittagessen wurde uns serviert. Wir hörten, wie eine Gebärende im anderen Kreißsaal in den Presswehen lag, sie war erst vor etwa drei Stunden hinein gebracht worden, wenig später hörten wir auch schon das Baby schreien. Ich spürte einen kurzen Moment der Eifersucht, weil ich mein Baby auch schon gerne schreien hören würde, allerdings hätte ich mir die Geburt nicht so schnell verlaufend gewünscht, um sie intensiv erleben und „auskosten“ zu können. Doch den Geburtsverlauf kann man sich schließlich nicht aussuchen. Wir trafen jene Frau später einmal im Kinderzimmer der Station und sie erzählte kurz über die Blitzgeburt von 3 Stunden ihres Erstgeborenen, was ihr leider auch schwere Geburtsverletzungen einbrachte, da keine allmähliche Dehnung stattfand.

    Etwa alle drei Stunden begann meine Narkose nachzulassen und es wurde eine kleine Dosis nachgespritzt. Ich empfand diese Vorgehensweise einfach himmlisch. Eine schmerzfreie Geburt war also tatsächlich möglich, ich hatte dem Begriff davor nicht ganz getraut. Die Möglichkeit der Schmerzausschaltung war allerdings nur bis zum Einsetzen der Presswehen möglich, und es war gut, dass ich das zu diesem Zeitpunkt noch nicht wusste.

    Kurz nach Mitternacht, also am frühen Morgen des 18.09.2014, nahm ein Druckgefühl im Becken zu, das immun gegen die PDA war, und sich in der Intensität langsam steigerte. Der Muttermund war 9cm geöffnet, bei einer Untersuchung sagte uns die Hebamme, dass sie das Köpfchen bereits schon hatte sehen können. Zwölf Stunden nach dem Blasensprung hatte ich bereits ein Antibiotikum bekommen, um eine Infektion zu verhindern. Die Hebamme meinte, ich solle vorsichtig „mitschieben“, wenn ich eine Wehe hätte. Wenn ich nicht zu beschäftigt mit dem Druckschmerz gewesen wäre, hätte ich sie gerne gefragt, ob sie mit „schieben“ denn „pressen“ meinte, oder ob ich bloß nicht richtig pressen sollte, da sie ja schließlich deutlich nur „schieben“ gesagt hatte. Ich bemühte mich also, mich zurückzuhalten und bei einer Wehe nur halbherzig ein wenig zu drücken. Das Wort „pressen“ fiel während der gesamten Geburt nicht. Der Druckschmerz wurde immer heftiger und stärker, der Muttermund war vollständig eröffnet, aber Pamina rührte sich plötzlich nicht mehr von der Stelle, obwohl nur noch ein kleines Stückchen Weg fehlte. Um mit der Saugglocke nachzuhelfen, war sie noch ein bisschen zu weit oben. In dieser Situation verharrten wir, es kam zu einem Geburtsstillstand. Schon in dieser Situation zeigte uns Pamina grundlegende Persönlichkeitsmerkmale von ihr, denn während andere Babies hierbei in Stress geraten, blieb Pamina gelassen und ruhig mit unverändert optimalen Herztönen, obwohl sie im Geburtskanal feststeckte. Ihre innere Gelassenheit und ihr ausgeglichenes Wesen, ihr Urvertrauen in diese Welt, dass schon alles passen würde, zeigte sie uns dann erst so richtig nach der Geburt in ihren ersten Lebenstagen.

    Obwohl die Geburt still stand, blieb mein Druckschmerz unverändert. Mein Mann reichte mir seine Hand und meinte, ich solle sie bei einer Wehe drücken. Durch ein banales Drücken hätte ich den Schmerz jedoch nicht ableiten können, aber ich nahm sein Angebot an, ihm vom Schmerz „etwas abzugeben“, ich schlang meine Arme um ihn und krallte meine Finger an seinem Rücken fest in die Rippen hinein. Von uns beiden war Mein Mann derjenige, der Geburtsverletzungen davon trug, denn die tiefen Kratzer an seinem Rücken waren noch lange sichtbar. Eine der Lieblingsanekdoten meines Mannes zur Geburt ist sein Ausspruch, dass er den törichten Anfängerfehler begangen hatte, mir vor der Geburt die Fingernägel nicht so kurz wie möglich geschnitten zu haben. Als mein Frauenarzt das nächste Mal in den Kreißsaal herein schaute und bei der Untersuchung feststellte, dass unser Töchterchen sich kein Stück mehr nach unten bewegte, setzte er fest, dass er „der Sache noch zehn Minuten geben würde“, dann würden wir einen Kaiserschnitt vornehmen. Sehr wichtig war für mich dabei die Formulierung, er sagte nicht etwas, dass dann ein Kaiserschnitt gemacht werden würde, sondern „wir“ – er als mein Arzt, ich, mein Kind, mein Mann, das Team – wir würden einen Kaiserschnitt vornehmen. Das schloss mich aktiv mit ein, in der Entscheidung, in der Bewusstheit, im Erlebnis des Kaiserschnittes als Abschluss der Geburt, als einen Teil des Geburtsverlaufes. Und zwar als einen Teil, der nicht wesentlicher war als jede andere Phase der bisherigen Geburt. Als erste Spekulation über den Geburtstillstand sollte mein Arzt später meinen, dass meine Tochter groß und schwer wäre und das fehlende Fruchtwasser das Hinausgleiten verhinderte, da der Blasensprung schon lange zurück lag. Würde sie nur drei Kilo wiegen, dann wäre sie auch so hinausgeflutscht, oder wäre sie mit ihren vier Kilo noch von Fruchtwasser umgeben gewesen, dann wäre sie ebenso hindurchgeglitten.

    Mein Mann feuerte mich in den nächsten Minuten noch an, laut der Hebamme „mitzuschieben“ (abermals wurde nicht von einem Pressen gesprochen), und ich drückte ein bisschen mit. Einen tatsächlichen Pressdrang spürte ich nicht, dafür war Pamina zu weit oben, und wenn es womöglich nur Millimeter waren. Und dass es von meinem Körper sowieso gut und richtig und wohl intuitiv war, keinen Befehl zum Pressen auszusenden, sollte ich erst später erfahren. Die Schmerzen waren nun gar nicht mehr zu ertragen, als mein Mann davon sprach, ich müsse nun unserer Tochter helfen, auf die Welt zu kommen, ich solle unsere Kleine jetzt ganz kräftig unterstützen, hatte ich in meinem Schmerz und meiner Erschöpfung dafür nur Sätze übrig wie „ist mir wurscht, ich mag nicht mehr, ich brauche keine Tochter.“
     
  3. LebenLiebenLachen

    LebenLiebenLachen zweites Wunder unterwegs!

    Mein Arzt kam wieder hinein gemeinsam mit der Anästhesistin und wir brachen auf in den Operationssaal, ich wimmerte und jammerte vor Schmerzen, wurde auf ein Bett gelegt und Mein Mann rollte mich zum Aufzug. Ich hatte wieder Angst vor der Narkose, nun fürchte ich mich davor, dass die Spinalanästhesie meinem Kreislauf zusetzen würde, da ich all die letzten Stunden an der PDA gehangen war. Zum Glück hatte ich die PDA so gut vertragen, aber nun noch eine Spinalanästhesie drauf zu setzen, so dachte ich, hieß doch wohl wirklich, das Schicksal herauszufordern. Die nächsten Minuten bekam ich nur verschwommen mit, ein weiterer Arzt stellte sich mir vor, ich wurde auf eine andere Liege gerollt und weiter geschoben, kam in den Operationssaal, und Frau Dr. Spinker setze mir die Spinalanästhesie, die ich überhaupt nicht spürte. Allmählich wurden meine Bein warm und kribbelten und die Schmerzen waren wie weggeblasen, das war eine enorme Erleichterung, ich fühlte mich sehr erlöst. Mein Mann kam herein, in OP-Kittel und mit Mundschutz, und ich konnte bereits wieder lächeln. Kurz darauf stellte mir mein Frauenarzt irgendeine Smalltalk-Frage, die sehr aufgesetzt wirkte, ich kann mich nicht mehr erinnern, was er konkret fragte. Prompt erinnerte ich mich an ein allgemeines Gespräch über einen Kaiserschnitt bei einer der Kontrolluntersuchungen, bei dem er mir erzählt hatte, er würde mir im Falle einer OP nach der Narkose eine ablenkende Frage stellen, während er mich mit einem Instrument in den Bauch stechen oder zwicken würde, um zu sehen, ob der Bereich bereits vollkommen taub wäre. Ich hatte mich seither nicht mehr daran erinnert, nun im Moment fiel es mir wieder ein. Ich murmelte daher irgendetwas auf die Frage und fügte dann hinzu „nein, ich habe nichts gespürt“. Ein Kichern zeigte mir an, dass ich richtig gelegen war. „Dann holen wir die Kleine jetzt zusammen heraus.“ Und wieder wurde mir das Gefühl eines gemeinsamen Erlebnisses vermittelt, einer Aktion, in der ich vollkommen mit eingebunden war.

    Ich entspannte mich und spürte ein Ruckeln am Bauch, wenig später krähte unser Mädchen mit einer sehr kräftigen Stimme. Dieser Laut löste ein aufgeregtes Kribbeln in mir aus, vom Kopf bis in die eigentlich vollkommen tauben Zehen. Die Hebamme trat neben Mein Mann und mich und zeigte uns unsere Tochter, ich war überwältigt, wie groß und kräftig sie war. Aus irgendeinem Grund dachte ich, ich würde ein kleines, dünnes Baby gebären, dessen Haut Falten wirft und zu groß für das Körperchen erscheinen würde. Ich habe keine Ahnung, wieso ich das dachte, wusste ich doch von den bisherigen Untersuchungen, dass ich ein großes und schweres Baby in mir trug. Pamina war sehr reif und „fertig ausgebacken“, später auf der Station würde von vielen der Kommentar fallen, sie sehe aus, als wäre sie bereits zumindest zwei Wochen alt.

    Kurz wurde unsere Kleine untersucht, drei Minuten später wurde sie in unser rotes Handtuch gewickelt und mit einem Häubchen auf dem Kopf zu uns gelegt. „Hallo Pamina, da bist du ja“, sagte ich und küsste ihr Köpfchen. Unsere Tochter war da, am 18.09.2014 um 05:36 mit 3860 Gramm und 52 cm. Mein Mann streichelte ihre Arme und ihr Köpfchen und wir küssten uns alle drei. Die Anästhesistin machte ein paar erste Fotos von uns als frischgebackene Familie. Was ich gar nicht mitbekommen hatte war, dass sie auch das Herausheben von ihr aus meinen Bauch mit ein paar Fotos dokumentiert hatte, wofür ich ihr sehr dankbar bin, ich liebe diese Bilder. Im Nachhinein fragte ich mich, wie denn der Fotoapparat aus dem Kreißsaal in den OP gelangt war, da mein Mann und ich natürlich sowieso vor dem Kaiserschnitt nicht in der Lage waren, daran zu denken. Doch mein Frauenarzt hatte daran gedacht, da wir bei einer der Kontrolluntersuchungen über Fotos gesprochen haben, und hatte meinem Mann den Apparat in die Hand gedrückt, bevor wir in den OP aufgebrochen waren.

    Ich war Mama, ich konnte mein Töchterchen Pamina abschnuppern, sie küssen, sie streicheln, das Glücksgefühl war unglaublich. Dann ging mein Mann mit, um sie zu untersuchen, und ich wurde versorgt, spürte wieder ein Ruckeln am Bauch und die Anästhesistin unterhielt sich währenddessen mit mir. Von der anderen Seite des Tuches murmelte mein Frauenarzt „schöne, reife Plazenta“ und der zweite Arzt fragte „Wollen Sie die Plazenta sehen?“. Ich dachte, er spricht wohl mit einer Schwester, Hebamme, oder womöglich war eine Praktikantin zugegen, bis ich registrierte, dass er mit mir sprach. Ich lehnte ab und fragte mich, wieso er mir das anbot, bis mir einfiel, dass mehrere Frauen Wert darauf legen, ihre Plazenta zu sehen oder womöglich auch zu behalten. Mein Frauenarzt erzählte, dass die Nabelschnur zweimal um Paminas Körper gewickelt war, wie ein Sicherheitsgurt, was auch den Geburtsstillstand erklärte. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich im Kopf gehabt, ob der Geburtsstillstand nicht womöglich psychosomatisch bedingt gewesen war, da ich vor der Geburt und sogar während des Geburtsstillstandes den inneren Impuls hatte, dass ich mein Baby nicht hinaus pressen wollte, dass es sich nicht gut und richtig und stimmig für mich anfühlte, sie zwischen meine Beine hinaus zu schieben und womöglich Risse und Verletzungen davon zu tragen. Genau aus diesem Grund hatte ich in der Schwangerschaft mit einem Wunschkaiserschnitt geliebäugelt. Und war dann davon wieder abgekommen, da ich das Abenteuer Geburt und die Wehen erleben wollte. Und ich wollte, dass mein Baby die Wehen erlebt, ich wollte all die Nachteile nicht für sie, die ein geplanter Kaiserschnitt für sie bedeutet hätte. Und keiner dieser Nachteile ist Pamina widerfahren! Sie hat die Wehen miterlebt, eine lange Geburt anstatt einem unvermittelten Herausheben, das Wasser war aus ihren Lungen gepresst worden, sie hatte all die Hormone während der Geburt mitbekommen, sie hatte auch die gesunden Keime für ihr Immunsystem erhalten… sie war schließlich nur ein „Pseudo-Kaiserschnittkind“. Man nannte mir auch den gängigen Begriff für diese Art von Geburt: eine natürliche Geburt mit sectionalem Ausgang, man sprach von einer Abschluss-Sectio.

    Dieser Geburtsverlauf war für mich optimal, wie bestellt, maßgeschneidert in allen Phasen, keine Geburt „von der Stange“, sondern tatsächlich all meinen Wünschen entsprechend. Dazu kam, dass ich hervorragend mit dem Kaiserschnitt zurecht kam. Am nächsten Tag stand ich gemeinsam mit zwei Schwestern auf, um zu duschen, ab dem folgenden Tag konnte ich mich bereits wieder schmerzfrei bewegen, weder das Sitzen noch Stehen noch Gehen machte mir Schwierigkeiten. Die Narbe tat mir nicht weh und es gab auch keine taube Stelle an meinem Bauch. Mir ist bewusst, dass ich gewaltiges Glück mit meinem Kaiserschnitt hatte, ich habe von mehreren Seiten gehört, dass die Zeit nach dem Kaiserschnitt schmerzvoll gewesen wäre, dass die Versorgung des Kindes durch die Narbe mühsam sei, von Gefühllosigkeit und Taubheit hatte ich gehört, auch von seelischem Schmerz und Versagensgefühlen und dem Empfinden, um eine „richtige“ Geburt betrogen worden zu sein. All dies traf nicht zu und dafür bin ich nach wie vor sehr, sehr dankbar.

    Ich wurde vom OP in den Aufwachraum geschoben und bekam von der Schwester, die mein Bett schob, eine Injektion für eine Muskelrelaxation, da ich mit Armen und Händen stark zitterte, die auch sogleich wirkte. Ungefähr eine Dreiviertel Stunde später kam mein Mann mit unserer Tochter auf dem Arm zu mir. Ich streckte die Arme nach unserer Kleinen aus und schmiegte sie an mich, betrachtete sie und kuschelte mit ihr. Es war einfach überwältigend. Interessanterweise hatte ich auf das Stillen „vergessen“, es war mir nicht im Kopf, dass die Kleine gleich trinken wollen würde, dafür hatte Pamina das sehr wohl im Kopf und vergaß mitnichten darauf, sie suchte mit ihrem Mündchen auf meinem Oberkörper herum, wurde fündig und dockte auch sofort an. Ich war erstaunt, dass sie beim Liegen auf dem Bauch den Kopf heben konnte, beim Suchen hatte sie mit ihrem kleinen Schnäbelchen richtig auf und ab gepickt, später wurde uns erzählt, dass manche Babies schon mit einer so kräftigen Nackenmuskulatur auf die Welt kamen, sodass dies möglich war. Wenn Pamina auf meiner oder Mein Manns Brust lag, den Kopf hoch hob und uns dabei ansah, nannten wir sie immer unsere kleine Schildkröte.
     
  4. LebenLiebenLachen

    LebenLiebenLachen zweites Wunder unterwegs!

    Das Stillen klappte also von der ersten Minute an wie selbstverständlich, Pamina nuckelte zufrieden die Vormilch, zwei Tage später folgte der Milcheinschuss. Von Beginn an hatte ich sehr viel Milch. Wegen einer leichten Gelbsucht kam unser Paminchen dreimal unter die Wärmelampe, darin lag sie dann zufrieden ausgestreckt mit der „Sonnenbrille“, als würde sie in einem Solarium relaxen. Nachdem sie in den ersten zwei Tagen, wie es üblich war, etwa 300 Gramm abgenommen hatte, hatte sie bei unserer Entlassung 5 Tage später ihr Geburtsgewicht schon wieder erreicht.

    Heute ist Pamina dreieinhalb Wochen alt. Die Zeit vergeht wie im Flug, wir sind gerade erst zweieinhalb Wochen mit unserer Süßen zuhause, und es erscheint mir, als würden wir schon wahnsinnig viele Erlebnisse miteinander teilen. Ich kann nicht genug davon bekommen, beim Kuscheln ihre Mimik zu studieren… ein entspanntes, friedliches Dösen, ein grantiges Zerknautschen des Gesichtchens, ein erstauntes Augen- und Mundaufreissen, die Aktivierung ihrer kleinen Zornesfalte zwischen den Augen, ein angedeutetes Lächeln, ein hoheitsvolles Zucken mit dem Mundwinkel bei einem Küsschen, oder ein Gesichtsausdruck, den Mein Mann mit „wie ein Maikäfer, wenn’s blitzt“ benennt, und ihre Mimik, wenn sie träumt. Sie hat auch einen speziellen Blick drauf, den ich „Mama,-muss-ich-etwa-erst-böse-werden…-Blick“ nenne, wenn ich sie nicht schnell genug bei Hunger anlege. Fast jeden Tag gehe ich mit ihr spazieren und wir holpern mit dem Kinderwagen über die Pflastersteine. In den ersten Wochen besuchten uns alle Familienmitglieder nach der Reihe und bestaunten unsere süße kleine Schönheit. Wir machten besonders viele Fotos von Pamina mit ihrer Urgroßmutter und ihrem Urgroßvater.

    In den Augen meiner Tochter ruht so viel Weisheit, Tiefe und Reife, wenn sie mir beim Kuscheln oder beim Stillen in die Augen blickt, noch scheint sie so viel Wissen über Vorgeburtliches zu haben, was nun erst nach und nach aus ihrem Bewusstsein tritt. Ich habe Pamina innig geliebt, als sie sich in meinem Bauch strampelnd bewegt hat und ich ihren Schluckauf spürte, und nun, da sie geboren ist, ist sie mir erst recht das Kostbarste und Wertvollste auf der Welt. Du hast mich zur Mama gemacht, geliebte Pamina, ich danke dir und ich bin unendlich stolz auf dich, es ist mir eine Ehre, deine Mutter zu sein, und ich freue mich unendlich auf dieses Leben mit dir, auf alle gemeinsamen Erlebnisse und Erfahrungen, die wir miteinander teilen dürfen.
     
  5. Lea-Loreen

    Lea-Loreen Wunder geschehen

    herzlichen glückwunsch zur geburt eurer tochter !!!!
     
  6. tibia

    tibia si pronto?
    VIP

    Gratuliere Dir herzlich ! Hab Tränen in den Augen! :herz2:
     
  7. LebenLiebenLachen

    LebenLiebenLachen zweites Wunder unterwegs!

    Vielen lieben Dank :love:
     
  8. Pauli2006

    Pauli2006 Teilnehmer/in

    Herzlichen glückwunsch und alles liebe dir und deiner kleinen familie!:hug:
     
  9. ChupaChup

    ChupaChup Teilnehmer/in

    herzlichen glückwunsch :love:
     
  10. Sulawesi

    Sulawesi Teilnehmer/in

    sehr schöner geburtsbericht. :love:
    herzlichen glückwunsch
     
  11. MilvusMilvus

    MilvusMilvus Teilnehmer/in

    Herzlichen Glückwunsch! :love:
     
  12. Ein toller Bericht.. Du warst und bist scheinbar ausgezeichnet vorbereitet, Du wirkst total relaxt.
    Herzlichen Glückwusch zu Eurer Tochter!
     

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