1. chrisp

    chrisp Teilnehmer/in

    Liebe Eltern,

    meine Tochter geht in die Integrative Lernwerkstatt Brigittenau (ILB) in Wien. Unser EV und die Eltern dort sind allgemein sehr aktiv und haben uns auf eine neue Elterninitative aufmerksam gemacht, die versuchen möchte zu verhindern, das Kindern mit besonderen Bedürfnissen das freiwillige 11. und 12. Schuljahr einfach gestrichen wird. Das passiert anscheinend bereits in Wien aus Sparmaßnahmen. Könnte sich evtl. auf die Bundesländern ausweiten.

    Es gibt eine neue Facebook-Seite: https://www.facebook.com/fairechance/ und die Initiatoren haben uns gebeten die Seite mit betroffenen und nicht betroffenen Eltern zu teilen, um diese Information zu verbreiten und gemeinsam dafür zu kämpfen, damit diese Sparmaßnahmen nicht durchgesetzt werden.

    Ich hoffe es passt für Euch, wenn ich es hier teile. Nachdem viele von Euch noch jüngere Kinder haben, ist das 11. und 12. Schuljahr vielleicht noch gar nicht am Radar, aber wenn nicht jetzt gekämpft wird, könnte es zu spät sein, wenn die Kids dieses Alter erreichen.

    Ich gebe diese Info auch einigermaßen ungefiltert weiter, da ich selbst nicht betroffen bin und mich so nicht 100% auskenne, sollte inhaltlich also etwas nicht stimmen, bitte sagt Bescheid.

    Hier die Thematik um die es geht:
    Bisher war es üblich, Jugendlichen mit einem erhöhten Förderbedarf einen Schulbesuch bis zum 18. Lebensjahr zu ermöglichen. Seit einiger Zeit sind immer mehr Eltern damit konfrontiert, dass ihre Kinder nach dem 10. Schuljahr die Schule verlassen müssen, weil freiwillige weitere Schuljahre, die ohnehin nur in ‚Sonderpädagogischen Zentren‘ möglich waren, nicht mehr bewilligt werden.
    Kämpferische Eltern schaffen es manchmal, noch ein 11. Schuljahr zu erstreiten, das 12. Schuljahr soll aber nach aktuellen Auskünften nicht mehr genehmigt werden.

    Dieser Zustand gilt für Wien, es gibt aber auch aus anderen Bundesländern Informationen bzw. den Appell diese „freiwillige“ Leistung einzusparen.

    Jugendliche mit einem erhöhten Förderbedarf brauchen – im Sinne der Gleichstellung – jedoch mehr Zeit dafür, und NICHT weniger! Diese oben angeführte Maßnahme nimmt den Jugendlichen die letzte Möglichkeit auf eine Schulbildung.

    Die ohnehin sehr mühsame Suche nach Ausbildung und Arbeit nach der Schule wird zur unüberwindbaren Herausforderung. Die jungen Menschen erhalten somit keine faire Chance mehr, um ins Berufsleben eintreten und darin bestehen zu können.

    Mit dieser Maßnahme wird die Möglichkeit und das Bestreben ein Stück Autonomie zu erlangen, die notwendig ist, um nicht lebenslang Sozialhilfeempfänger zu werden, zunichte gemacht.

    Lebenslanges Lernen wird gesellschaftspolitisch heute von allen Bürgern und Bürgerinnen eingefordert, die Möglichkeit einer öffentlichen Bildung nach Beendigung der Schulpflicht, sowie Ausbildung und Fort- bzw. Weiterbildung für unsere Kinder fehlt vollständig.

    Diese Rahmenbedingungen sind eine Diskriminierung für diese Menschen und stellen das Ziel einer inklusiven Gesellschaft, zu der sich Österreich mit der Unterzeichnung der UN-Kinderrechtskonvention und der UN-Behindertenrechtskonvention verpflichtet hat, in Frage.

    Es braucht ein klares politisches Bekenntnis für ein inklusives Bildungs- und Ausbildungssystem für ALLE Schüler und Schülerinnen.
    Das bedeutet auch gesetzliche Grundlagen für inklusive Bildung und Ausbildung in weiterführenden und allgemein- sowie berufsbildenden mittleren und höheren Schulen und darüber hinaus.

    Bitte sei solidarisch und gib uns deine Stimme, damit wir die politischen Entscheidungsträger zum Einlenken bringen!
     
  2. sabineh

    sabineh hält den Mund nicht

    Vielen Dank!
     
  3. ratzi

    VIP

    ich würde die intitiative mit einer unterschrift durchaus unterstützen, bin aber nicht auf facebook. gibts eine möglichkeit für facebook-verweigerer?
     
  4. chrisp

    chrisp Teilnehmer/in

  5. Cat-Steve

    Cat-Steve Von nun an geht´s bergauf

    Ich frag mich dann wie so eine Kürzung sinnvoll im Zusammenhang mit der kolportierten Ausbildungspflicht bis 18 zu argumentieren ist?!
     
  6. sabineh

    sabineh hält den Mund nicht

    Ja, das habe ich mich auch schon gefragt.
    :eek:
     
  7. chrisp

    chrisp Teilnehmer/in

    Das haben wir beim letzten Schulforum auch besprochen. Angeblich geht es im Gesetz um die Pflicht der Eltern, dafür zu sorgen, dass die Jugendlichen eine Ausbildung machen. Wie sie das machen dürfte dem Staat egal sein. Der Staat ist nicht verpflichtet, Ausbildungsmöglichkeiten zur Verfügung zu stellen, wenn ich das richtig verstehe. Und ursprünglich hätten Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen ursprünglich ausgenommen werden sollen, dass wurde dann aber Gottseidank verhindert.

    Klingt leider wieder mal typisch österreichisch. Unsere Schule bietet 9 Schuljahre an und einige Eltern mit Jugendlichen die die Schule gerade abschließen und die noch mehr Zeit brauchen, kämpfen gerade darum, diese extra Schuljahre genehmigt zu bekommen. Und haben daher das Thema ins Schulforum gebracht, um andere Eltern darauf aufmerksam zu machen, um für dieses neue Problem mehr Aufmerksamkeit zu schaffen und Unterstützung zu bekommen.
     
  8. inkale

    inkale Gast

    Gelten hier für Kinder mit besonderen Bedürfnisse andere Vorgaben?
    Ich habe noch nie gehört, dass man einem Kind den Besuch der Oberstufe AHS, BHS,.... verweigern würde, nachdem es aufgenommen wurde und die entsprechende Leistung erbringt.
    Falls ja, würde ich tatsächlich hinterfragen, wie sich das mit der kürzlich in Kraft getretenen Ausbildungspflicht in Einklang bringen lässt. Es ist eigentlich nicht vorstellbar, dass man Jugendlichen mit besonderen Bedürfnissen eine Ausbildungsform verweigern kann, welche der Ausbildungspflicht entspricht und für welche sie eine entsprechende Eignung mitbringen.

    Aus Nachstehendem kann man ableiten, dass sehr wohl der Staat (Sozialministerium) dafür zuständig ist, die entsprechenden Rahmenbedingungen zu schaffen, damit ein jugendlicher eine Ausbildung abschließen kann.

    Allerdings dürfte es richtig sein, dass es egal ist, WIE man der Ausbildungspflicht nachkommt, solange man diese erfüllt. Das muss aber nicht im Umkehrschluss bedeuten, dass man nicht das Recht hat selber zu entscheiden, welche Ausbildung man fortführen möchte. Ich kann mir wirklich nicht vorstellen, dass es dem Gleichheitsgrundsatz entspricht, wenn man Jugendlichen mit besonderen Bedürfnissen die Möglichkeit verwehren würde eine höhere, schulische Berufsausbildung abschließen zu können.


    Allgemeine Info zur Ausbildungspflicht:
    https://www.help.gv.at/Portal.Node/hlpd/public/module?gentics.am=Content&p.contentid=10007.191302

    Auszug aus dem Gesetzestext:

    https://www.help.gv.at/linkaufloesu...&quelle=HELP&leistung=LA-HP-GL-BGBl_I_2016_62


    Zuständigkeit (SMS = Sozialministeriumservice)
    § 8. (1) Das SMS hat die erforderlichen institutionellen Maßnahmen zur Umsetzung der Ausbildungspflicht zu setzen sowie die Bürogeschäfte für die Steuerungsgruppe und den Beirat zu führen.
    (2) Das SMS kann sich bei der (nicht hoheitlichen) Aufgabenerfüllung Dritter (Dienstleister) bedienen.
    (3) Das SMS hat auf seiner Homepage im Internet eine Liste jener Bildungs- und Ausbildungsmaßnahmen gemäß § 11 Abs. 6 Z 2 kundzumachen, deren Absolvierung oder erfolgreicher Abschluss die bestehende Ausbildungspflicht erfüllen.
    (4) Auf Antrag der Erziehungsberechtigten hat das SMS mit Bescheid festzustellen, ob eine Maßnahme oder eine Beschäftigung im Einzelfall die Ausbildungspflicht gemäß § 4 Abs. 2 erfüllt. Dabei ist insbesondere darauf Bedacht zu nehmen, ob die Maßnahme oder Beschäftigung die arbeitsmarktbezogenen Chancen der Jugendlichen verbessern kann.

    Die Ausbildungspflicht kann erfüllt werden durch:

    (2) Die Ausbildungspflicht kann insbesondere erfüllt werden durch
    1. einen gültigen Lehr- oder Ausbildungsvertrag nach dem BAG oder nach dem LFBAG,
    2. eine Ausbildung nach gesundheitsrechtlichen Vorschriften,
    3. den Besuch weiterführender Schulen wie den Besuch einer allgemein bildenden höheren oder berufsbildenden mittleren oder höheren Schule,
    4. den Besuch von auf schulische Externistenprüfungen oder auf einzelne Ausbildungen vorbereitenden Kursen, zB Lehrgänge zur Vorbereitung auf die Pflichtschulabschlussprüfung, oder Berufsausbildungsmaßnahmen,
    5. die Teilnahme an arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen,
    6. die Teilnahme an einer Maßnahme für Jugendliche mit Assistenzbedarf (§ 10a Abs. 3 des Behinderteneinstellungsgesetzes – BEinstG, BGBl. Nr. 22/1970), die deren persönliche Leistungsfähigkeit erhöht und deren Integration in den Arbeitsmarkt erleichtert,
    7. eine nach Abs. 3 zulässige Beschäftigung.
     
  9. sabineh

    sabineh hält den Mund nicht

    Inkale, es geht hier in erster Linie um Kinder mit Lernschwierigkeiten, die einfach länger brauchen, um einen Schulabschluss zu erlangen, der ihnen dann auch den Einstieg in einen Lehrberuf ermöglicht, und nicht um den Besuch einer höheren Schule oder AHS-Oberstufe.

    Wird das diesen Kindern nämlich verwehrt, bleiben sie ihr Leben lang abhängig von Sozialleistungen. Würde ihnen die Zeit gegeben, die sie brauchen, um einen regelrechten Abschluss zu erlangen, könnten sie sich eines Tages selbst erhalten und auch Steuern zahlen.

    Somit ist die Vorgehensweise der Stadt Wien eigentlich extrem kurzsichtig.
     
  10. inkale

    inkale Gast

    Das heißt es geht um Kinder, die den Pflichtschulabschluss nicht in der vorgesehenen Zeit schaffen (aus welchen Gründen auch immer)?

    Man verzeihe mir hier meine Unbedarftheit, aber ich sehe hier eigentlich keinen Unterschied - wenn es eine Ausbildungspflicht bis zum 18 LJ gibt, dann muss angestrebt werden in dieser Zeit den höchstmöglichen Abschluss zu schaffen. Und wenn jemand im 11. Schuljahr "erst" mitten im Pflichtschulabschluss steckt, gibt es wohl keinen Grund diesen zu verweigern. Gerade dann nicht, wenn dieses Gesetz soeben in Kraft getreten ist.
     
  11. ThePinky

    ThePinky Gast

    So ganz verstehe ich das nicht. Ich dachte, es geht um Kinder, die ein freiwilliges 11. Schuljahr machen wollen. D.h., die fallen nicht durch oder haben eine negative Beurteilung. - sie könnten also den Schulabschluss in der normalen Zeit schaffen und sich dann auch auf eine Lehrstelle bewerben. Nur wollen sie lieber freiwillig noch ein Jahr in die Schule gehen. Oder habe ich da was grundlegend mißverstanden?
     
  12. sabineh

    sabineh hält den Mund nicht

    Ja, genau, für diese Kinder ist dieses freiwillige Schuljahr oft die einzige Möglichkeit, das nachzuholen, was ihnen auf die Ergebnisse von Kindern, die leichter lernen, fehlt.
    Und es ist eine Tatsache, dass die Kinder oft auf einem guten Weg sind, diese Abschlüsse zu schaffen, wenn sie ein, zwei Jahre länger Zeit dafür haben und entsprechend gefördert werden. Wenn ihnen das jetzt verwehrt wird, ist das für die Kinder und ihre Familien eine Katastrophe.

    Ich denke mir auch, dass die Kinder, die noch ein, zwei Jahre in der Schule, in einer gewohnten Umgebung anhängen können, auch noch die Gelegenheit haben in ihrer Persönlichkeit nachzureifen, sprich mehr Selbstbewusstsein entwickeln, und danach auch deshalb leichter ins Berufsleben eingegliedert werden können.

    Ach, es ist eine Schande!
     
  13. ThePinky

    ThePinky Gast

    Das mit der persönlichen Reife kann ich nachvollziehen. Aber dass die Kinder sonst keinen Schulabschluss erreichen würden, stimmt ja dann nicht. Wenn sie den nicht schaffen, werden sie negativ beurteilt und müssen/können das Jahr sowieso wiederholen. Das ist also in meinen Augen kein gutes Argument.
     
  14. ratzi

    VIP

    ich habe einmal über ein kind in der zeitung gelesen (land salzburg) und ich glaube es geht um ähnliches:

    Vorschulklasse besucht, dann noch eine klasse wiederholt. d. h. mit besuch der 3. klasse nms 9 jährige schulpflicht erfüllt. und eben nach der 3. sollte es die schule verlassen, hat aber ja dann keinen abschluss.
     
  15. sabineh

    sabineh hält den Mund nicht

    Sie können das Jahr nicht wiederholen, wenn die Schulpflicht beendet ist.
     
  16. Cat-Steve

    Cat-Steve Von nun an geht´s bergauf

    Genau diese Situation trifft auch auf meine Tochter zu.

    Sie musste in der Schule anfangen - Vorschuljahr - und hat dieses inoffiziell noch im Kindergarten verbracht. Hat jetzt zusätzlich freiwillig die 4. VS wiederholt (in einer Montessori-Schule ist das egal - da wird sie einfach weiter gefördert).

    Die nächste Schule ist gerade ein Thema. Und auch, wo sie da eingestuft wird!

    Ich hätte natürlich gern, dass sie noch 5 Jahre machen darf - dann wäre sie 17, wenn sie fertig ist. Schaumamal.

    Bezüglich der Ausbildungspflicht und der zitierten Gesetzesstellen: da wird ja auch die Möglichkeit einer Absolvierung in einer höheren berufsbildenden Schule angesprochen.

    Das ist in meinen Augen ja auch ein Riesenthema, dass es in den BHS keine Integration gibt - nicht einmal pseudohalber, wie in der Unterstufe.

    Ich habe den Link auf Facebook geteilt und bin bereit, jeden weitere Aktion in dieser Richtung zu unterstützen.

    Argument ist für mich immer, dass auch meine gro0e, normal entwickelte, Tochter mit 15 nicht im allergeringsten berufsreif war. Wie soll das mein anderes Kind sein, das sich nun einmal viel langsamer entwickelt?

    Man hängt den Eltern einfach diese Verantwortung um, und die ist zu groß!

    Warum dürfen nicht auch Kinder mit SPF einfach noch vor sich hinreifen? Bis 18 wenigstens?
     
  17. sabineh

    sabineh hält den Mund nicht

    Auch mein hochintelligenter Aspie ist nach der 5. Klasse AHS, die er heuer absolviert, sicher nicht berufsreif.
     

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