1. Minayla

    VIP

    ich hab jetzt ewig überlegt, wo ich den beitrag hinstellen soll. am ehesten wird er wahrscheinlich hierher passen, aber sicher bin ich nicht.

    es geht um mein großes kind. sie war immer schon ziemlich sensibel, empathisch, "gspürig" - sie hat schon als baby viele meiner (unbemerkt geglaubten) stimmungen bemerkt und teilweise gespiegelt. sie hat viele ängste und ist oft unsicher. sie nimmt sehr viel wahr (von dem ich nicht mal weiß, dass sie es mitbekommen hat), macht sich dann ihr eigenes bild. erst wenn die angst so groß ist, dass sie gar nicht mehr damit klar kommt, erzählt sie mir davon :(
    beispiel: anlassbezogen hab ich sie gestern gefragt, ob sie sorgen hat, von denen sie mir erzählen möchte. nach einer weile ist sie rausgerückt, dass die flüchtlingsthematik sie momentan stark beschäftigt (ich besuche manchmal die hiesigen flüchtlinge und helfe mit dem ein oder anderen benötigten ding). wir haben vorab gesprochen, was flüchtlinge sind, warum sie hier sind und überhaupt. gestern hat sich dann rausgestellt, dass sie um mich und um andere (konkret ihre oma) fürchterliche angst hat, weil sie dachte, "der krieg" kommt vielleicht nach und dann schießen die menschen hier bei uns und wir sind in gefahr. ich konnts - hoffe ich - einigermaßen grade rücken ... vorher waren da aber schon wochen, wo sie sich mit diesen ängsten geplagt hat.

    ich merke immer, wenn sie was übermäßig beschäftigt, wenn sie ihre "auszucker" hat ... das ist dann wie ein vulkan, der übergeht. schwer zum damit umgehen, andererseits tut sie mir unglaublich leid, weil sie halt so geplagt ist.

    nun ist es so - manche werdens wissen - dass die geliebte oma in sehr absehbarer zeit sterben wird. sie weiß, dass die oma krank ist und dass diese krankheit nicht heilbar ist. sie hat mich noch nie gefragt, ob sie sterben wird und bisher dachte ich, dass ich besser damit fahre, es ihr nur zu sagen, wenn sie danach fragt. ich bin jetzt aber unsicher ... momentan ist sie wieder total aus dem gleichgewicht, das merke ich und ich frag mich, ob sie spürt, dass wir ihr etwas "verheimlichen", ob sie vom nahestehenden tod etwas ahnt und nur nicht fragen will?
    ist es besser, sie vorzubereiten und sie ist jetzt traurig oder ist es besser, es ihr zu sagen, wenn es so weit ist/war? ich habe hier kein bauchgefühl (mehr), ich möcht ihre seele so gern schützen, die ist eh so geplagt momentan.

    und dann die eigentliche frage: macht es sinn, sie von einer psychotherapeutin mal anschauen zu lassen? ich hätt so gern, dass sie strategien findet, dass WIR GEMEINSAM was finden, damit sie nicht so schlimme ängste haben muss, damit sie sich öffnet und ich ihr helfen kann ... gleich. nicht erst nach wochen.
    hat jemand erfahrung mit kinderpsychotherapeuten?
     
  2. hejoka

    VIP

    Habt ihr ein Ritual wo ihr euch regelmässig zB wöchentlich in Ruhe zusammensetzt und wo sie ihre Gedanken, Befürchtungen und Ängste ansprechen kann? Wenn nicht würde ich das einführen, bevor ich eine Therapie beginnen würde.

    Gruss
    Manuela
     
  3. Chania

    PLUS + VIP

    Unbedingt Therapeut/in.
    Du bist in einer Sackgasse, kannst Deinem Bauchgefühl nicht mehr vertrauen. Dein Kind braucht dringend neue Strategien. Und auch Dir würde ein Blick von Außen gut tun.

    Btw. würde ich ihr jetzt schon erzählen, dass die Oma sterben wird und was das genau bedeutet, welche Rituale man danach einhält und so weiter.

    Ich habe mit meiner Tochter eine Therapie gemacht als ich gemerkt hab, ich pack es alleine nicht mehr. Es war sehr (!!) hilfreich. Zum einen bekommt man feedback und zum anderen wird mit dem Kind gearbeitet, ihm Wege eröffnet um mit übermäßiger Angst, Druck und Sorgen umzugehen.

    lg
    Chania
     
    Chania, 25. November 2015
    , Zuletzt bearbeitet: 25. November 2015
  4. Minayla

    VIP

    ein ritual in dem sinn haben wir nicht, nein. ich habe aber schon das gefühl, dass ich mich sehr regelmäßig mit ihr zusammensetze. wir führen auch wirklich gute gespräche, so ist es nicht. aber ich hab mich gestern gefragt, ob sie mich vielleicht aus irgendeinem grund schützen möchte? ich weiß nicht, warum ich so extrem nachbohren muss, bis sie rausrückt mit dem, was sie bedrückt ...

    danke auch für deine erfahrungen, chania. ich war eben schon bei unserer hausärztin und hab mir eine empfehlung von ihr geholt. mal sehen, ob ich halbwegs rasch einen termin bekomme.
    wie alt war dein kind? und wie hast du ihm gesagt, dass ihr zur therapie geht?
     
  5. solarphoton

    solarphoton Teilnehmer/in

    https://www.perlentaucher.de/buch/wolf-erlbruch/ente-tod-und-tulpe.html

    Das Buch "Ente, Tod und Tulpe" ist wunderschön, aber ich lese gerade, dass es eigentlich erst ab 7 ist. Du kannst es ja anschauen in der Buchhandlung und überlegen, ob es für deine Tochter schon geeignet ist.

    Ansonsten bin ich auch für "Hilfe von Außen", ein paar Beratungsstunden werden euch beiden guttun. Dir auch nämlich, für die Strategien im Alltag.
     
    solarphoton, 25. November 2015
    , Zuletzt bearbeitet: 25. November 2015
    #5
  6. Minayla

    VIP

    das haben wir daheim, danke :)

    hm. das hört sich jetzt ein wenig wie ein vorwurf an. vielleicht war auch meine formulierung unglücklich. wenn wir reden, sagt sie die ersten minuten immer, dass nix ist und dass sie nichts bedrückt. erst, wenn ich mich damit nicht zufrieden gebe (weil ich spüre, dass da was ist) und weiterfrage, dann rückt sie mit solchen themen raus. das meinte ich mit "nachbohren" ... formulieren kann sie sehr gut, das ist nicht das thema.
     
  7. hejoka

    VIP

    Meine Erfahrung ist, dass ich mit fragen weniger "Erfolg" habe, als wenn ich zuerst von mir erzähle.
    Was ich erlebt habe und was mich beschäftigt. Dann kommt viel eher etwas von ihr.
    Da kann es mir sogar passieren, dass sie mich fast unterbricht und ihres los werden will.
    Darum auch der Vorschlag mit dem Ritual.

    Gruss
    Manuela
     
  8. Minayla

    VIP

    ah ok. das hört sich plausibel an. das könnte ich mal versuchen.
    wobei sie eben - derzeit - von meinen / unseren größten sorgen nix weiß. wir machen uns natürlich sorgen, ob sich weihnachten noch ausgeht, ob die schwiegermutter "gut" sterben wird können, wie es weitergeht etc. - und da frage ich mich, ob solche sorgen einer 6jährigen zumutbar sind.
    andererseits ist eben vielleicht genau das das problem. sie spürt, dass wir sorgen haben und fühlt sich betrogen, weil wir ihr nix davon erzählen?
    ach, ich weiß nicht. das hab ich vorhin gemeint damit, dass ich mein bauchgefühl momentan verloren habe. das ist für uns alle eine ziemliche extremsituation und ich weiß wirklich nicht, was "richtig" ist.
     
  9. Zwergenfee

    Zwergenfee Gast

    Ehrlich, meine 5 jährige weiss nichts vom Krieg - warum sollte ich sie diesbezüglich belasten. Auch mein 7 jähriger weiss zwar das flüchtlinge da sind (die haben selber welche in der Klasse). Aber das Thema wird in der Schule offen besprochen.

    Die Kinder werden heute mental und auch psychisch extrem reizüberflutet... Man schaltet den Fernseher an - es fliegen dort Kampfjets rum - manche Flugzeuge werden abgeschossen - irgendwo rennen orange Leute herum und schiessen auf Leute die vor ihnen am Boden knien.

    ich habe Erfahrung mit Psychotherapeuten für Kinder und ganz ehrlich - ich halte nicht viel davon. Es möge gute geben, wir hatten 3 wovon einer mal in der allerstersten Stunde ein Trauma ausgelöst hat - das 6 Monate nachgewirkt hat:eek:. Manche Kinder sind eben sensibler wie andere, nur du hilfst ihnen nicht - indem du sie zu Ärzten zerrst die ihnen in ihren offenen Wunden rumbohren.. .Sag mal vor was fürchtest du dich eigentlich... manche Kinder fürchten sich davor diese Ängst auszusprechen oder gar diese abzuhandeln, dass alleine dieses "Besprechen" schon der Knacks ist - der ihnen ein Loch in die seele frisst. Sie sind keine Erwachsenen die dem Arzt mal erklären können "Götzzitat - ist mir zuviel ich möchte dass nicht" - sondern die werden eben durchaus gezielt auf ihre Schwachstellen angesprochen (Versuche mal einen Erwachsenen verbal in die Enge zu treiben - die gehen dir mental und psychisch die Wände hoch - wenn keine Flucht möglich ist und das istes eben bei Kindern... es gibt nur eine Flucht nach innen - ins stillschweigen und ins in sich kehren) - etwas was durchaus etwas bewirken kann- Nur Kinderseelen sind sehr sehr zerbrechlich und einmal kaputt dauert es ewig lange bis man das wieder zusammengetöpfert hat (und dass kann ein Psychotherapeut schon gar nicht - sondern da muss die Mama/papa etc ran).

    Es liegt sehr viel an dir. Das Kind benötigt keine therapie, aber du kannst dir von Psychotherapeuten hilfe holen - indem du hingehst und diese befragst wie du am besten mit dieser Situation umgehen kannst. Das Kind benötigt ganz einfach ganz ganz dicke "Schalldämpfer" zwischen der Welt da draussen und der eigenen Welt. Und dieser Schalldämpfer bist du. Mein Kind traut seit 10 Jahren aufgrund dieses "traumas" keinem arzt mehr auch nur einen Fingerbreit. Es gibt mittlerweile Ärzte die daran verzweifeln, es gibt Ärzte die das akzeptieren (z.b. der Kinderarzt) - es wird aber sehr schwer werden dem Kind irgendwann mal helfen zu können - wenn es in Gefahr ist.


    Die Ängstevom Kind reproduzieren sich auf dich - und dein Kind kann in deiner Gedankenwelt lesen wie in einem Bilderbuch. Das ganze produziert, Angst - Angst und nochmals Angst. Ihr beide müsst eure Ängste bekämpfen - es hilft nichts wenn dein Kind nun zum Psychologen geht, und du sitzt zu hause und machst dir sorgen wie und was und warum du deinem Kind dies und jenes beibringen willst... Das kommt nach Hause und kriegt schon in der haustüre den nächsten Sack "Angst" umgehängt...
     
    Zwergenfee, 25. November 2015
    , Zuletzt von einem Moderator bearbeitet: 25. November 2015
    #9
  10. hejoka

    VIP

    Ich würde nicht von mir aus meine Ängsten ansprechen, aber sehr wohl über meine Gefühle und Gedanken beim zum Beispiel letzten Besuch. Also zum Beispiel, dass du dir Sorgen machst, ob sie genug isst, weil sie letztens so schwach gewirkt hat. Oder, dass du traurig bist, dass sie so krank ist und du ihr nicht helfen kann. usw.

    Weisst was ich meine?

    Gruss
    Manuela
     
    hejoka, 25. November 2015
    , Zuletzt bearbeitet: 25. November 2015
    #10
  11. solarphoton

    solarphoton Teilnehmer/in

    Sorry, ich habe es noch wegeditiert, weil ich auch gefunden habe, dass es sich wie ein Vorwurf anhören könnte. Sollte nämlich keiner sein. Nur ein Anstoß, dass vielleicht ein/e TherapeutIn dir raten kann, was du noch machen könntest.
     
  12. Chania

    PLUS + VIP

    Meine Tochter war 6 Jahre alt. Und wir haben mit ihr gesprochen, dass wir uns Hilfe holen müssen, weil wir ihr helfen wollen und nicht genau wissen, wie. Bei uns war das Problem, dass sie psychosomatische Beschwerden gezeigt hat, wenn sie eigentlich seelischen Kummer oder Anspannung hatte. Und aus dem Teufelskreis kamen wir nicht raus.
    Ich kann Dir sagen, gleich der 1. Besuch war eine totale Erleichterung: sie hat gesehen, dass wir ihre Sorgen ernst nehmen und uns Hilfe holen und war total offen und bereit, mit der Therapeutin zu arbeiten. Wir hatten auch nur ein paar Sitzungen, die 1. gemeinsam, 1 als Mama+Papa allein und dann noch 2 Kind allein. Dann hat die Therapeutin gemeint, von ihr aus wäre es nicht mehr nötig, dass wir kommen. Und das war es auch nicht. Kind hatte neue Strategien, Angst, Ärger, Frust und Kummer loszuwerden und das ist bis heute (Kind 11,5 Jahre) so geblieben.

    lg
    Chania
     
  13. Vollmondfrau

    Vollmondfrau ...sammelt sich.
    VIP

    Ich find schon, dass du das mit ihr thematisieren kannst. Grad wenn sie eh so "gspürig" ist (schönes Wort übrigens, find ich ). Ich mag grad ned im anderen Faden suchen: seids ihr in irgendeiner Weise schon in palliativer Begleitung?... da ist ganz viel Erfahrung mit allen Altersgruppen und immer auch ein (psychologisch/-psychotherapeutischer) Profi in Reichweite.

    Hilfe von aussen wär wahrscheinlich wirklich gut, meinem Gefühl nach vor allem für Dich...weil: Sorgen teilen im Sinne von abladen geht freilich nicht, aber das Sterben und den Tod ausklammern ist glaub ich auch der falsche Weg und nach meiner Erfahrung halten das (grade) auch sehr sensible Kinder sehr gut aus, wenn behutsam aber offen mit ihnen darüber geredet/ mit ihnen getan wird.

    (Mein - jetzt schon ganz schön grosser - Bub ist auch so ein "Fühlender, Sehender" und wir hatten in den letzten Jahren...eigentlich seit er auf der Welt ist... ein gerüttelt Mass an Abschieden zu nehmen - und er kann das sehr gut.:love:)

    Alles, alles Liebe euch!
     
  14. Sassenach

    VIP

    ich kenn mich in oö leider überhaupt nicht aus, aber ich weiß es gibt von der caritas trauergruppen. vielleicht kann man sich dort erkundigen, ob sie ansprechpartner wissen, die vielleicht noch etwas niederschwelliger als eine therapie sind oder idee dazu haben?

    oder du rufst mal bei rainbows an, vielleicht hilft ein kurzes feedback euch weiter und vielleicht wissen sie auch ansprechpersonen für euch. es ist definitiv eine schwierige situation und ich verstehe, dass du anstehst. dass deine arme maus so angst vorm krieg hat, würd mich schon auch beunruhigen. :(
    wünsch euch alles gute :hug:
     
  15. himbeersturm

    himbeersturm Teilnehmer/in

    ich habe auch die erfahrung gemacht, dass der schlüssel dazu, dass meine tochter sich - in dem alter - geöffnet hat, der war, möglichst viel zeit mit ihr zu verbringen.
    mit fragen und nachbohren ging da garnix. wenn man länger zusammen ist, bei längeren autofahrten zb kommt dann manchmal plötzlich ein "mama, weisst du was?" oder "mama, ich muss dich etwas fragen!" ... da weiss ich dann schon, es kommt etwas, das sie beschäftigt. das ist z.t. heute noch so ;) ...

    von eigenen sorgen/ängsten erzählen würde ich nicht, das könnte sie noch mehr belasten, eher schon, wie es schon jemand beschrieben hat, eigene gedanken möglichst neutral thematisieren ("zb wir müssen schauen, dass oma genug isst, damit sie bei kräften bleibt"). ich würde auch keinesfalls ankündigen, dass sie sterben wird. ich glaube nicht, dass sich ein kind irgendwie auf so etwas vorbereiten kann. ausserdem ist das ein bereich, der zum leben nun mal dazugehört.

    zum thema psychotherapeuten hab ich eine andere meinung, und zwar keine gute. aber ist mir bewusst, dass ich damit ein wenig alleine dastehe.
     
  16. Minayla

    VIP

    geteilte meinungen also ... gut, damit hab ich eh gerechnet.

    nichtsdestotrotz waren wir diese woche bei einer kinderpsychotherapeutin, die auf trauerbegleitung spezialisiert ist. es ist eine total liebe frau und die erste stunde verlief ganz gut (wenn auch ziemlich ohne "ergebnis" - was mir aber eh klar war).
    wir gehen vorerst mal weiter hin, ich werd gut beobachten, obs meiner großen gut tut oder eher nicht.

    habe aber auch andere eurer sichtweisen aufgenommen und versuche momentan, mehr zeit mit ihr alleine zu verbringen. vielleicht fehlt ihr (durch die anwesenheit der kleinen schwester) auch manchmal die gelegenheit, einfach "aufzumachen", das kann schon sein :eek:
     
  17. parisblues

    parisblues Teilnehmer/in

    Ich finde es so schon interessant, dass es anscheinend Zurückhaltung gibt, über deine Gedanken/Gefühle zu sprechen aus Sorge, dass es ihr zu viel ist, oder siehst du das anders?

    Da liegt ja anscheinend diese Zurückhaltung in der Luft, offen zu sprechen. Wenn sie so sensibel ist wird sie das einfach wahrnehmen, und ich sehe nicht, dass du der "Auslöser" bist oder sie. Sondern, dass da
    einfach dieses Thema ist.

    Wenn du merkst, dass du dich nicht offen sprechen traust, kannst du das einfach wahrnehmen.
    Das kann schon etwas verändern.
    Diese Sorge um sie, der Wunsch zu wissen was sie bewegt, ihr zu helfen.
    Deine Starre wenn du dich selbst nicht öffnen kannst.
    Sind nur ein paar Ideen/ Gedanken.
     

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