1. Sonderzeichen

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    Frage an die HumanmedizinerInnen hierforums:

    Gibt es da irgendwelche Erkenntnisse, ob es evtl. einen Zusammenhang zwischen Asperger und leptosomem Körperbau bzw. Marfan-Phänotyp gibt?

    Wenn ich nicht sehr irre, ist es doch eigentlich auffällig, dass die Majorität der «Aspies» einen ausgesprochen leptosomen Körperbau haben, in machen Fällen auch mit gesicherter Diagnose «Marfan».

    Aber wie gesagt: habt Ihr von der Medizin da genaueres?
     
  2. Solanum

    VIP

    gegenfrage: was bringt dich zu dieser vermutung?
    ich kenen nicht viele aspies. die die ich kenne haben ein ganz "normales" erscheinungsbild.
     
  3. Glueckskatze

    Glueckskatze Helicopter Cat Mom
    VIP

    Echt? Hast du da eine Quelle?
    Ich hör das zum ersten Mal.
     
  4. Radium

    PLUS + VIP

    Wenn man autism and marfan im pubmed eingibt, zeigt es ein paper von Baeza-Valesco et al. aus 2015 an, in dem wird ein Zusammenhang zwischen bindegewebsdefekten wie marfan und psychiatrischen Erkrankungen (ua autismus) hergestellt.
     
  5. sabineh

    sabineh hält den Mund nicht

    Ich denke eher, dass das zwei Paar Schuhe sind. Beim Marfan-Syndrom sind Skelett, Haut und Muskulatur betroffen, wobei hier ein Defekt der Struktur des Bindegewebes vorliegt, der sich in allen Organen manifestiert. Eben durch diese Bindegewebsanomalie kommt es zu Veränderungen im Skelett und Muskulatur, der Gelenke und dadurch zu einer auffälligen Körperhaltung und einer Muskelschwäche.

    Viele Aspies haben durch ihre Wahrnehmungsproblematik eine Muskelhypotonie, wodurch auch die Haltung auffällig sein kann. Bei stärker von dieser Problematik der Körperwahrnehmung betroffenen Aspies kommt es oft zu ähnlichen Haltungsproblemen wie beim Marfan-Syndrom.

    Natürlich ist auch nicht ausgeschlossen, dass der eine oder andere Marfan-Mutant auch Asperger-Gene besitzt und umgekehrt. Das wäre dann aber so, als hätte man Läuse und Flöhe gleichzeitig.
     
  6. spacedakini3

    spacedakini3 Teilnehmer/in

    Ich kenne viele Aspies und mir ist auch schon aufgefallen, dass die entweder sehr dünn oder sehr dick sind, normale gibts nicht viele.
    Ich glaub, das hat mit Sensorischen und Ess störungen zu tun. Ich merke nie, wann ich genug gegessen habe, ich tät 5 Portionen auch essen, wenn die so herumstehen....
     
  7. Sonderzeichen

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    Zu den Rückfragen, wie ich darauf komme: reine persönliche Wahrnehmung, plus meine intuitive Schlussfolgerung, dass es sich wohl nicht um Zufall handeln kann, sondern ein Zusammenhang gegeben sein dürfte.

    Und wie Radium nun dankenswerterweise aufklärt, war meine Intuition da offenbar auf der richtigen Spur:

    Genaueres hier:
     
  8. sabineh

    sabineh hält den Mund nicht

    Schon klar.

    Es ist ja auch so, dass es Downies gibt, die autistisch sind. Einfach, weil bei manchen Downies Hirnstrukturen so funktionieren, dass das Ergebnis Autismus ist. (Sprich, dass die betroffenen Menschen eine "autistische Wahrnehmung" haben).
    Ja, das kann auch beim Marfan-Syndrom so sein. Immerhin kann hier auch das Hirn betroffen sein, was auch zu einer autistischen Wahrnehmung führen kann.

    Wenn sich das bei den Studien bestätigt, die noch gemacht werden sollen, dann ist das gut für diejenigen Kinder mit Marfan, die dann auch in ihren Wahrnehmungsproblemen mehr Förderung erhalten können. Umgekehrt jetzt alle Autisten auf Marfan zu untersuchen, käme mir seltsam vor, man geht ja auch nicht her und schaut, ob Autisten ein zusätzliches Chromosom 23 haben. ;)
     
  9. DorotheaM

    DorotheaM Teilnehmer/in

    Es kann schon auch umgekehrt interessant sein, weil Marfan tendentiell unterdiagnostiziert ist.
    Autismus ist nur eines von mehreren neuro-psychiatrischen möglichen Problemen im Rahmen dieser Erkrankung. Bei weiteren Auffälligkeiten (zb starke Kurzsichtigkeit, Auffälligkeiten in der Verwandtschaft, Trichterbrust, starke Beweglichkeit der Gelenke, Gaumenfehlbildungen, usw) sollte man das schon abklären. Der Autismus (oder Depression oder ADHS) ist für sich alleine genommen wahrscheinlich kein starkes Argument für eine Marfan-Abklärung. Es gibt ja sehr wohl auch eigenständige Erklärungsmodelle für den Autismus, unabhängig von Bindegewebserkrankungen.

    Ich selber kenne praktisch keine Kinder mit Autismus, kann also auch zum Körperbau nichts sagen. Wenn der TE diese Beobachtung gemacht hat, dann ist das durchaus diskussionswürdig.
    Also: beobachten, dokumentieren, analysieren. So ist das wissenschaftliche Vorgehen. Das Thema scheint wissenschaftlich noch lange nicht erschöpft. :)
     
  10. sabineh

    sabineh hält den Mund nicht

    Leider ist auch Autismus unterdiagnostiziert., wobei hier naturgemäß Asperger-Autisten und unter diesen Frauen und Mädchen seltener eine Diagnose erhalten. Es wird also wenig bringen, alle Autisten auf Marfan-Syndrom anzuschauen, weil eben auch viele Autisten ohne Diagnose herumlaufen (und oft nicht wissen, warum sie in der Kommunikation und Interaktion mit anderen solche Probleme haben....)

    ;)
     
  11. DorotheaM

    DorotheaM Teilnehmer/in

    Diejenigen, die keine Autismus-Diagnose haben würden naturgemäß sowieso nicht in die Gruppe "Autismus mit Verdacht auf Marfan" fallen.
     
    DorotheaM, 13. Juli 2016
    , Zuletzt bearbeitet: 13. Juli 2016
    #11
  12. Sonderzeichen

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    Ja, auch ich — als Fachfremder — habe den Eindruck.

    Stimmt, auch hier derselbe Eindruck.

    Aber warum sind diese Krankheitsbilder unterdiagnostiziert, das ist die Frage!

    Ich bin überzeugt, dass das bei uns in Mitteleuropa nicht an mangelndem Fachwissen liegt, sondern in etlichen Fällen aus sehr guten Gründen geschieht, zumindest dann, wenn es sich um *blande* Fälle der in Rede stehenden Bilder handelt.

    Ich denke, dass hier Österreichs Heilkundige sehr behutsam vorgehen, denn sobald sie die Vokabel «Syndrom» aus ärztlichem Mund hören, reagieren leider viele Eltern (ausgenommen zB. die, die sich hier in diesem Forum versammeln!) furchtbar irrational. — Plakativ ausgedrückt, manche Eltern werden panisch («Ogottogott, das ist ja entsetzlich! Ich habe ein Kind, das ein verpfuschtes Leben vor sich hat! Himmel, mein Leben ist auch verpfuscht!»), andere schalten auf stur («Das ist doch ein absoluter Holler, mein Kind hat kein Syndrom!»), wieder andere ignorieren das ganze («I couldn't care less»), usw. usf. —

    Von daher meine ich, dass die Handhabung, die ich so mitbekomme, sehr vernünftig ist, indem die ÄrztInnen — wie gesagt, in den *blanden* Fällen — die Eltern nicht mit einer Diagnose «Syndrom X in Verbindung mit Syndrom Y» belasten, sondern ihnen praktische Anleitungen geben.

    Z.B. im Stil von: «Diese oder jene Sportart ist für ihr Kind besser geeignet als xyz, weil es sich bei xyz zu leicht verletzen könnte.»

    Aber jetzt weg von den blanden Fällen (von denen es zigtausende geben mag, da bin ich mir recht sicher; obiges Stichwort: gotischer Gaumen).

    Frage: Ist es in Österreich vorstellbar, dass ein Vollbild von Marfan und/oder Asperger nicht diagnostiziert würde?
     
  13. spacedakini3

    spacedakini3 Teilnehmer/in

    Das Wort "Krankheitsbild" in Zusammenhang mit Autismus stimmt so nicht. Autistmus ist eine tiefgreifende Entwicklungsstörung und keine Krankheit.

    (und *uagh* ich mag kein wandelndes Krankheitsbild sein..:eek:.)

    Warum Mädchen und Frauen so selten diagnostiziert werden, liegt vermutlich daran, dass Mädchen und Frauen nicht so auffallen.
    Die letzten Jahrzehnte (und Jahrhunderte...) waren die halt komisch und wenns hübsch waren, sind sie geheiratet worden und "verschwunden" und haben keine größeren Herausforderungen zu meisten gehabt, um im Leben zu bestehen. Wenn sie komisch und ledig waren, dann hat das wohl auch keinen besonders interessiert.

    Frauen und Mädchen, die wenig soziale Kompetenzen haben, können sich mit still und schüchtern sein über die Situation retten, und das stört niemanden. Burschen und Männer, die in sozialen Situationen nicht wissen, was sie tun sollen - örks, das war viel mehr ein Problem als bei Frauen und Mädchen, für die manchmal ausrecht, hübsch zu sein und sonst nicht viel.

    Die Diagnosekriterein waren auch viel mehr aus Burschen und Männer abgestimmt und die Diagnostik war vor 15 Jahren ungefähr so, dass zwei PsychologInnen mit der Person geredet haben, über ihr Leben und sonstwas...solange, bis ihnen was autistischesch aufgefallen ist.

    Je älter und intelligenter eine Person ist, desto mehr hat sie ja gelernt, sich nicht-autistisch zu benehmen, selbst, wenn es sehr anstrengend ist, das pausenlos vorzugeben.
    Diese eingeübte Schauspielerei lässt sich nicht für die 2 Stunden des Diagnosegespräches einfach wegblasen wie nichts.
    Diagnosen von älteren und intelligenten Personen können eigentlich erst gestellt werden, seit es Tests wie ADOS gibt.

    Die Fragen sind ziemlich trickreich :eek::D
     
  14. shamane

    shamane frosch-mami
    VIP

    da man sich nicht wirklich darauf vorbereiten kann, ein behindertes kind zu bekommen, ist jede, ich betone JEDE! - erstreaktion legitim und verständlich. gerade die panikreaktion entbehrt ja nicht einer gewissen grundlage. ;)

    ich hab mich nach der verdachtsdiagnose 2 tage wie von einer dampfwalze überrollt gefühlt. und das obwohl ich schon ahnte, in welche richtung es ging. der restliche weg hat sich mir erst langsam eröffnet und wenn da nicht ein paar gute geister am wegesrand gewesen wären, wär mein leben heute sicher anders.

    es wäre zu einfach, den ärzten die schuld zu geben. die lernen in ihrer ausbildung auch ned alles. und schon gar nicht lernen sie unangenehme nachrichten zu überbringen. laut eines arztes, der selbst ein kind mit autismus hat (und das nicht erkannte!), wird autismus auf einer A4-seite durchgemacht. marfan wird wahrlich nicht besser sein.

    ich hab mit ärzten viel zu tun, aber eine sportartempfehlung war noch nie dabei. :D
     
  15. Sonderzeichen

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    @spacedakini3: Danke für deine historisch-soziologische Erklärung, das ist absolut schlüssig.

    Ha, da hab ich jetzt schmunzeln müssen, denn: Mir geht es genau umgekehrt! Ich finde den Ausdruck «krank» weniger kränkend als den Ausdruck «Störung», der stört mich richtig ;)
     
  16. Sonderzeichen

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    Das war jetzt auch eher nicht im Hinblick auf Asperger/Autismus gemeint, sondern wenn man sein Kind bei der Orthopädie anschauen lässt; da erwarte ich mir, dass sie den Eltern Tipps geben, welche Sportarten gut sind für das Kind, und welche gemieden werden sollten. (Und nach meiner Beobachtung tun das die OrthopädInnen auch sehr kompetent.)
     

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